Industriestrompreis in der EU-Kommission: Die „Brüsseler Erklärung“

Die deutschen Mi­nis­ter­prä­si­den­t*in­nen setzen sich für einen niedrigen Industriestrompreis in der EU ein. Erfolg dürften sie damit kaum haben.

4 Stränge glühenden Stahls

Energieintensiv: glühender Stahl in einer Gießanlage Foto: Friso Gentsch/dpa

BRÜSSEL taz | In Berlin dringen sie nicht durch, nun versuchen es die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer in Brüssel: In einer „Brüsseler Erklärung“ fordern sie grünes Licht für einen niedrigen Industriestrompreis. Die gestiegenen Energiekosten seien ein „akutes Hemmnis für die Erholung der Konjunktur“, heißt es in dem Manifest.

Am Mittwochabend wollen sich die 16 Länderchefs mit der deutschen EU-Kommissionspräsidentin und CDU-Politikerin Ursula von der Leyen treffen. Am Donnerstag sind Gespräche mit dem neuen Verantwortlichen für den „European Green Deal“, Vizekommissionspräsident Maros Sefcovic, und Energiekommissarin Kadri Simson geplant.

Das Timing der Ministerpräsidenten ist unglücklich. In der EU-Kommission findet nämlich gerade ein großes Stühlerücken statt. Nach Klimakommissar Frans Timmermans wurde auch Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager von ihrer Arbeit freigestellt – sie will sich um die Führung der Europäischen Investitionsbank bewerben.

Bisher war Vestager für staatliche Beihilfen zuständig, zu denen nach Brüsseler Lesart auch subventionierte Strompreise zählen. Erst am Mittwoch hat Behördenchefin von der Leyen ihren Nachfolger ernannt – den belgischen EU-Kommissar Didier Reynders. Ob Reynders nun für das Anliegen der Länderchefs zuständig ist, ist unklar.

Die Kommission soll ein Auge zudrücken

Die Ministerpräsidenten hoffen, dass die Kommission ein Auge zudrückt und die Strom-Rabatte genehmigt. Den EU-Staaten müsse es „für einen Übergangszeitraum möglich sein, einen wettbewerbsfähigen Brückenstrompreis vor allem für energieintensive und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen zu etablieren“, heißt es in ihrer „Brüsseler Erklärung“.

Rückendeckung bekommen sie von den deutschen Grünen im Europaparlament. „Die EU-Kommission sollte dem keine beihilferechtlichen Steine in den Weg legen, sondern von der Bundesregierung im Gegenzug abverlangen, den Weg für die Stärkung von europäischen Investitionen frei zu machen“, erklärte ihr Sprecher Rasmus Andresen.

Mit verbindlichen Zusagen wird in Brüssel jedoch nicht gerechnet. Die Ministerpräsidentenkonferenz mag eine deutsche Institution sein – in der EU spielt sie offiziell keine Rolle. Für die EU-Kommission zählt einzig und allein, was die Bundesregierung macht. Erst wenn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aktiv wird, kann in Brüssel die Prüfung beginnen.

Kaum Chancen auf Erfolg

Bisher deutet nichts darauf hin, dass die EU-Kommission am Ende grünes Licht geben könnte. Deutschland kann sich zwar auf den „befristeten Krisenrahmen“ berufen, den die Brüsseler Behörde im März erlassen hatte. Er sieht Ausnahmen vom Beihilferecht zugunsten von Hilfen für die Wirtschaft vor, wenn sie dem Klimaschutz dienen. Dieser Rahmen gilt aber nur bis Ende 2025.

Erschwerend kommt hinzu, dass die EU alle Mitgliedsländer aufgefordert hat, die in der Energiekrise eingeführten Sonderprogramme wieder einzustellen. Auch der „Green Deal“ spricht gegen Stromrabatte für die Industrie. Er ist ja gerade dazu gedacht, Ausnahmen für die Schwerindustrie abzuschaffen und Emissionen zu verteuern. Ein Strompreis von fünf Cent wäre damit kaum zu vereinbaren.

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