Identitätsmissbrauch im Netz: Haufenweise geklonte Blogs

Einige Blogger entdeckten in den vergangenen Tagen ein Duplikat ihrer Website. Die Diebstähle zielen auf Werbeeinnahmen.

Wie geklont: die gefälschten Blogs sind fast identisch mit den Originalen. Bild: dpa

BERLIN taz | Vor ein paar Tagen hat Alexander Mirschel durch Zufall einen Klon entdeckt. Der 28-jährige betreibt seit vier Jahren das Reiseblog www.niedblog.de. Als er auf den Link www.niedblog.com stieß, klickte er ihn erstaunt an. Unter letzterer Domain, mit der Mirschel nichts zu tun hat, fand er einen identischen Klon seines Reiseblogs, inklusive aller Artikel und Bilder, die er dort gepostet hatte.

Alle Inhalte stimmten mit denen auf dem Original überein, optisch gab es keinen Unterschied und im Impressum standen sein Name und seine Postanschrift. Nur in seine Telefonnummer war ein Zahlendreher eingefügt worden. „Ich habe dann eine so genannte Who-Is-Anfrage gestellt, um herauszufinden, wer die Domain registriert hat. Herauskamen mein Name und meine Adresse“, erzählt Mirschel.

Er fragte in Facebook-Gruppen andere Blogger nach ähnlichen Erfahrungen. Anfangs gab es kaum Reaktionen, einmal aufmerksam geworden, begannen aber immer mehr Blogger und Bloggerinnen, Kopien ihrer Websites unter leicht veränderten Domains zu entdecken.

In der Facebook-Gruppe „Blog-Klons, Identitätsmissbrauch & Content-Diebstahl (Betroffene)“, die seit einigen Tagen existiert, tauschen bereits über 110 Mitglieder ihre Erfahrungen aus und versuchen, einander dabei zu helfen, wieder Herr der eigenen Inhalte zu werden. Einfach ist das nicht. Meistens finden sich die Blogklone unter der gleichen Adresse wie das Original, allerdings mit einer anderen Domain-Endung, wie „.com“ oder „.net“ statt „.de“.

So auch im Fall von Heike Kaufhold, einer Bloggerin aus Köln. Ihr Blog www.koeln-format.de, auf dem sie über Lifestyle, Reisen und Familienthemen bloggt, entdeckte sie am Montag, nachdem sie von der Fälschungswelle gehört hatte, weder im Inhalt noch im Design verändert, ein zweites Mal mit einer „.com“-Endung.

Anzeige gegen Unbekannt

Im Fall von Heike Kaufhold wurde im Impressum zwar ihre Adresse verändert, Vor- und Nachname allerdings beibehalten. Trotzdem befindet sich der komplette Inhalt, inklusive aller Fotos, die Kaufhold je auf ihren Blog geladen hatte, auch auf dem Klon. „Das macht einem natürlich Sorgen, man möchte ja die Rechte an den Inhalten behalten“, sagt sie.

Alex Mirschel hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet und erklärt: „Wer auch immer dafür verantwortlich ist, könnte jegliche Inhalte in meinem Namen auf die Seite stellen und diese würden auf mich zurück fallen“. Der Klon seines Blogs ist mittlerweile offline.

Nach Mirschels Einschätzung haben in den letzten Tagen 70 bis 80 Blogger eine Fälschung ihrer Blogs entdeckt. Er ist sich aber sicher, dass noch viel mehr Seiten betroffen sind und die Fälscher professionell arbeiten. Die falsche Domain seines Blogs wurde am 20. Juni registriert. Anscheinend wird in drei Schritten vorgegangen.

Der erste besteht darin, sich die Domain sichern. Im zweiten Schritt wird dann der Inhalt kopiert und online gestellt und zuletzt werden auf Klon-Seite dann Anzeigen geschaltet. Denn die Content-Diebe haben es offensichtlich darauf abgesehen, auf den kopierten Blogs Werbung zu platzieren, die im Original nicht da ist, und damit Geld zu verdienen. Wie der dafür notwendige Traffic auf die Fake-Seiten gelangt oder gelangen soll, ist noch unklar.

Da sich auf Blogs meist Texte und Bilder befinden, ist die Rechtslage laut dem Rechtsanwalt Christian Solmecke eindeutig. Es handele sich beim Kopieren dieser Inhalte definitiv um eine Urheberrechtsverletzung. Leider sei es meistens unmöglich, sagt er, die Betreiber der Fake-Blogs ausfindig zu machen. Was man aber tun könne sei erstens, an den Werbetreiber heranzutreten und ihn zu bitten, auf der geklauten Seite nicht zu werben. Zweitens könne man versuchen, herauszufinden, wo der Blog gehostet ist und dort um eine Löschung der Daten bitten.

Ein Katz-und-Maus-Spiel

Besonders anfällig sind Blogs, die auf Content Management Systemen, wie beispielsweise Wordpress.com, beruhen. Die Diebe arbeiten höchstwahrscheinlich mit Crawlern, Programmen die automatisch die Websites durchlaufen und Inhalte sammeln. Da jeder dieser Crawler von einer IP-Adresse aus auf Websites zugreift, können beklaute Blogger außerdem versuchen, bestimmten IP-Adressen den Zugriff auf den eigenen Blog zu verbieten. „Insgesamt wird es aber wahrscheinlich ein Katz-und-Maus-Spiel bleiben, weil auch IP-Adressen dann wieder geändert werden können“, erklärt Solmecke.

Obwohl Webcrawler verwendet werden, stecken hinter den Diebstählen aber echte Menschen, die ebenfalls gezielt an den Blog-Kopien mitarbeiten. Im Impressum von Mirschels Reiseblog ist beispielsweise seine Email-Adresse in einer Bilddatei abgebildet. Im Klon seines Blogs gab es diese Grafik ebenfalls, allerdings mit einer auf .com endenden Email-Adresse. „Diese Feinheit“, sagt er, „muss manuell gemacht worden sein.“ Er hat bereits Recherche bei Anzeige-Netzwerken, über die die Werbeanzeigen laufen, betrieben, die aber auch ins Leere führte. So ist noch unklar, was für Konten für die Werbeeinnahmen verwendet werden.

Das Phänomen des kompletten Spiegelns ganzer Blogs ist neu. Im Impressum der Klone stehen außerdem oft geänderte Namen. Meistens wird dort eine Person mit dem gleichen Vornamen wie der Besitzer des Originals aufgeführt. Einige Klon-Opfer berichten in besagter Facebook-Gruppe, dass in den Duplikaten ihrer Blogs reale Personen mit echten dazugehörigen Adressen aufgeführt sind. Diese wissen natürlich nichts davon, die Diebe haben sie anscheinend wahllos aus dem Telefonbuch herausgepickt.

In solchen Fällen wird also noch eine weitere Person in die Sache mit hinein gezogen, da sie als verantwortlich für den Inhalt angegeben ist. Was man tun kann, wenn man einen Klon der eigenen Website entdeckt, hat Alexander Mirschel auf seinem Blog zusammengefasst.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.