Hausdurchsuchung bei taz-Fotografen: In eigener Sache

Die taz verurteilt die Durchsuchungen bei zwei unserer Fotografen. Chefredakteurin Ines Pohl sieht darin einen gefährlichen Eingriff in die Pressefreiheit.

Krawalle mit Nachspiel: Demonstration gegen Kapitalismus in Frankfurt am 31. März 2012 Bild: dpa

BERLIN taz | Die Polizei hat am Mittwoch die Wohnungen von neun Fotografen in vier Bundesländern durchsucht. Um sechs Uhr klingelte es auch in Berlin an der Tür von Christian Mang, der als freier Journalist für die taz und andere Auftraggeber arbeitet. 12 Polizisten standen vor der Tür, unter anderem von den Landeskriminalämtern Hessen und Berlin.

Vier Stunden lang durchforsteten sie seine Wohnung und vor allem die Festplatten seines Computers und seines Laptops. Als sie dort eine verschlüsselte Datei fanden, holten sie auch noch Verstärkung vom Bundeskriminalamt. Die Beamten suchten nach Bildern, die Mang am 31. März vergangenen Jahres in Frankfurt am Main geschossen hatte.

An jenem Samstag hatten sich 5.000 linke AktivistInnen aus ganz Europa zu einem antikapitalistischen Protestmarsch durch die Bankenmetropole getroffen. Gewaltbereite Demonstranten warfen Pflastersteine auf Geschäfte, Autos und Bankgebäude. Die Polizei nahm über 100 Teilnehmer fest.

Bis heute sucht die Polizei allerdings noch die schwarz gekleideten Personen, die auf einen Polizeibeamten mit einem Kantholz einprügelten, ihn traten und mit Reizgas besprühten. Der Beamte wurde schwer verletzt und kam für mehrere Tage auf die Intensivstation. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hofft, dass einer der zehn Fotografen diese Tat festgehalten hat und sie auf den Fotos die Täter identifizieren kann. Unter den Fotografen ist auch Björn Kietzmann, der genau wie Mang als freier Journalist für die taz arbeitet.

taz-Chefredakteurin Ines Pohl kritisiert: „Es ist ein gefährlicher Eingriff in die Freiheit der Presse, wenn Fotografen damit rechnen müssen, dass ihre grundgesetzlich geschützten Wohnungen durchsucht werden. Deshalb verurteilen wir das Vorgehen der Beamten aufs Schärfste.“ Die Pressefreiheit sei „ein sehr hohes Gut, das unbedingten Schutz genießen muss“.

Die beiden taz-Fotografen werden rechtlich gegen die Durchsuchung vorgehen. Sie können sich dabei auf das Beschlagnahmeverbot gemäß //www.gesetze-im-internet.de/stpo/__97.html:§ 97 der Strafprozessordnung berufen, das für Journalisten ebenso gilt wie für Rechtsanwälte, Pfarrer, Ärzte und Abgeordnete. Das Bundesverfassungsgericht war 2007 im Cicero-Urteil zu dem Ergebnis gekommen, dass bei Journalisten nur durchsucht werden darf. wenn es Beweise dafür gibt, dass sie selbst eine Straftat begangen haben. Sonst aber nicht, denn: „Eine Durchsuchung in Presseräumen stellt wegen der damit verbundenen Störung der redaktionellen Arbeit und der Möglichkeit einer einschüchternden Wirkung eine Beeinträchtigung der Pressefreiheit dar.“

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt begründet die Durchsuchung mit einem Missverständnis. Man sei „davon ausgegangen, dass es sich nicht um Pressefotografen handelt“, erklärt Pressesprecherin Doris Möller-Scheu. Wenn sich jetzt „Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich doch um Pressefotografen handelt, wird das gesicherte Material nicht gesichtet bis der Sachverhalt insoweit geklärt ist“. Bei Nicht-Journalisten wäre die Durchsuchung gemäß § 103 der Strafprozessordnung erlaubt.

Christian Mang hält die Aussage der Staatsanwaltschaft für völlig unglaubwürdig. Eine einfache Google-Suche nach seinem Namen führt schließlich auf seine Website, auf der er als „Fotojournalist“ bezeichnet wird und auf der auch eine Liste seiner Auftraggeber steht. Bei Björn Kietzmann ist es genauso leicht. Bei ihm kommt hinzu: Er gehört zu den Journalisten, die so häufig mit der Pressestelle der Berliner Polizei in Kontakt sind, dass sie im Dezember mit einer Weihnachtskarte bedacht wurden. Auch den durchsuchenden Beamten war bewusst, was sie taten. Im Polizeiprotokoll, das er ausgehändigt bekam, ist ausdrücklich vermerkt, es sei der „Wohn- und Redaktionsraum“ Kietzmanns durchsucht worden.

Die Durchsuchung sei ein „ungeheuerlicher Vorgang“, kritisiert Cornelia Haß, Geschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion in Ver.di. „Die durchgeführten Maßnahmen entbehren jeder Verhältnismäßigkeit und entsprechen keinerlei rechtsstaatlichen Standards.“ Hier würden „Pressevertreter mit brachialen Methoden gezwungen, Hilfspolizisten zu spielen“.

Siehe auch: Warum wir keine Bilder freiwillig herausgeben

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