Falsche Lebensläufe in der AfD: Fürs EU-Parlament reicht’s

Wegen falscher Angaben in Lebensläufen gibt es Maßnahmen gegen zwei Europa-Kandidat*innen der AfD. Doch an der Basis rumort es weiter.

Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl Maximilian Krah .

Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl Maximilian Krah Foto: dts Nachrichtenagentur/imago

BERLIN taz | Die Kandidatenliste zur Europawahl der AfD sorgt weiter für interne Verwerfungen. Das liegt nicht nur am parteiintern umstrittenen Spitzenkandidaten Maximilian Krah, der sich nicht zuletzt durch Nähe zu Diktaturen und ein fragwürdiges Verhältnis zur Menschenwürde auszeichnet, sondern auch weiterhin an falschen Angaben in den Lebensläufen zweier Kandidat*innen.

Der AfD-Bundesvorstand hätte die Hochstapler-Affäre um falsche Lebensläufe der beiden Kandidaten fürs EU-Parlament, Arno Bausemer und Mary Khan-Hohloch, am liebsten mit einer am Montag verhängten zweijährigen Ämtersperre abgeräumt. Doch an der Basis rumort es weiter, weil die beiden ihren aussichtsreichen Listenplatz behalten dürfen.

Zudem schmerzen die Ordnungsmaßnahmen nicht allzu sehr: Khan-Hohloch bekleidet gar kein Parteiamt und Bausemer, der lediglich Landesschatzmeister in Sachsen-Anhalt ist, wird den Verlust seiner Position verkraften können angesichts seines gut bezahlten Mandats in Brüssel. Mit Listenplatz 10 ist sein Einzug ins EU-Parlament sehr wahrscheinlich.

Bausemer hatte bei seiner Bewerbung auf einen EU-Listenplatz zahlreiche Falschangaben zu angeblichen Qualifikationen gemacht, verfügt aber über keinen Berufsabschluss. Khan-Hohloch (Platz 14) hatte sich mit einem Studium beworben, das zu dem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war. Auf Anfrage wollten sich die Co-Sprecher nicht weiter dazu äußern. Mit dem Beschluss sei alles gesagt, hieß es von Chrupalla.

Brandenburg will Parteiausschlussverfahren

Nun, weite Teile der Basis haben offensichtlich doch noch einiges dazu zu sagen: Die Angelegenheit verstößt gleich in mehrfacher Hinsicht gegen das Selbstverständnis der AfD, deren Mitglieder immer wieder postulieren, dass Mandatsträger mindestens über fünf Jahre Berufserfahrung verfügen sollen. Die Hochstapler-Affäre beschädigt die Glaubwürdigkeit innerhalb der eigenen Anhängerschaft, die trotz Spendenaffären, Skandalen und zahlreicher Intrigen tatsächlich glaubten, dass die AfD eine integre Partei sei.

Bausemers Landesverband Sachsen-Anhalt begrüßte die Entscheidung des Bundesvorstands. In Brandenburg hingegen, wo Khan-Hohloch Mitglied ist, brodelt es. Dort gibt es schon länger erbitterte Grabenkämpfe zwischen den gleichermaßen rechtsextremen Lagern um die Landesvorsitzende Birgit Bessin einerseits und dem um den Fraktionsvorsitzenden im Potsdamer Landtag, Christoph Berndt andererseits.

Zu letzterem gehört auch Bundesvorstand Dennis Hohloch – der zu allem Überfluss auch noch mit der EU-Kandidatin Khan-Hohloch verheiratet ist und sich mit ihrer Kandidatur den Vorwurf der „Vetternwirtschaft“ gefallen lassen muss.

So soll der Landesvorstand Brandenburg um das Bessin-Lager ebenfalls einen Beschluss gefasst haben, in dem er Khan-Hohloch dazu bis zum Ende der Woche aufruft, eine „Ehrerklärung“ abzugeben, „dass sie im Falle ihrer Wahl in das EU-Parlament“ das Mandat nicht annehmen wird. Tue sie das nicht, werde der Landesvorstand einen Antrag auf Parteiausschluss beim Schiedsgericht stellen.

Nicht erledigt

Auf taz-Anfrage wollte die Landesvorsitzende Bessin nichts dazu sagen – den Beschluss entsprechend auch nicht dementieren. Dieser geistert bereits seit Montag durch die sozialen Medien. Insbesondere stehen Khan-Hohlochs Ehemann aus dem Bundesvorstand Dennis Hohloch und Alice Weidel in der Kritik, die Khan-Hohloch als ehemalige Mitarbeiterin protegiert hatte.

Fest steht: Die Affäre wird den Bundesvorstand noch weiter beschäftigen. Zumal auch der Bundestagsabgeordnete Jürgen Braun wegen der Angelegenheit eine Sondersitzung des Parteikonvents einberufen hat, der sich noch einmal detailliert mit den Lebensläufen von Bausemer und Khan-Hohloch beschäftigen soll.

Die Stimmung an Teilen der Basis konnte man wiederum in den sozialen Medien nachlesen. So schrieb ein in der Regel vor allem in rechtsextremen Netzwerken gut vernetzter Account, der auch den Beschluss aus Brandenburg öffentlich machte, nach der verhängten Ämtersperre recht unverblümt: „Der Lüge, der Verarschung und der Gier sind Tür und Tor geöffnet. Die entsprechenden Leute wissen jetzt, sie können erzählen, was sie wollen. Wenn sie die richtigen Connections haben, gibt es maximal einen Klaps auf die Finger. Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen, möchte.“

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