FC Malaga rockt die Champions League: Schuld ist nur der Scheich

Die kitschigste Wohlfühlgeschichte dieser Champions-League-Saison schreibt der FC Malaga, Borussia Dortmunds gebeutelter Viertelfinal-Gegner.

Letzte Übungen vor dem Spiel gegen Borussia Dortmund: Francisco R. Alarcon 'Isco' (l) und Julio Baptista (r). Bild: dpa

MALAGA taz | Manuel Pellegrini ist gewissermaßen ein Spezialist für spanische Außenseiterteams im Europapokal. Unter der Anleitung des chilenischen Fußballlehrers erreichte der FC Villarreal 2004 das Halbfinale des damaligen Uefa-Cups, zwei Jahre danach führte er den Klub gar unter die besten vier Teams der Königsklasse.

Als ihm dann 2009 das Künstlerensemble von Real Madrid anvertraut wurde, scheiterte er hingegen bereits im Achtelfinale. Und nun ist er mit dem FC Malaga erneut dabei, die Fußballhistorie mit einer dieser Geschichten zu bereichern, die den sentimentalen Teil des Publikums rühren: Eine Combo anderswo ausgemusterter, aber gutherziger Verlierer, im Stich gelassen vom Geldgeber, lässt sich von der Kraft des Schicksals beflügeln und schafft ein kleines Wunder, während der baldige Untergang schon so gut wie feststeht.

Nach dem Sieg im Achtelfinale gegen den FC Porto flossen die Tränen an der Costa del Sol, Roque Santa Cruz, der ehemalige Münchner, der das entscheidende Tor geköpft hatte, schwärmte danach von der „Kameradschaft“ im Team und erklärte feierlich: „So etwas Schönes habe ich bisher nur bei einer WM erlebt.“

Nach diesem etwas kitschigen Storyboard lässt sich die Geschichte des FC Malaga, der Mittwoch im Viertelfinale der Champions League auf Borussia Dortmund trifft (20.45 Uhr, ZDF), zumindest aus der Perspektive all jener zusammenfassen, die sich nicht daran stören, dass das Projekt mit Geldern aus Katar angeschoben wurde.

Aber Scheich Abdullah Bin Nasser Al Thani drehte im vorigen Sommer nach drei Jahren, in denen er rund 150 Millionen Euro investiert hatte, ziemlich plötzlich den Geldhahn zu. Die Gründe liegen im Dunkeln. Es gibt Gerüchte, das Engagement habe von Anfang an eher mit lukrativen Bauprojekten an der spanischen Mittelmeerküste als mit echtem Fußballinteresse in Verbindung gestanden.

Vielleicht hat der Scheich aber auch einfach gemerkt, dass der FC Barcelona und Real Madrid einen uneinholbaren Vorsprung haben, woraufhin die Sache zu langweilig wurde.

Wie dem auch sei, nach dem Versiegen der Geldquelle und einer Phase, in der keine Gehälter gezahlt wurden, flüchteten Manager Fernando Hierro und Stars wie Abwehrspieler Joris Mathijsen, Spielgestalter Santi Cazorla, die Angreifer Salomon Rondon und Ruud van Nistelrooy aus Malaga.

Geduldig warten

„Wir haben die Widrigkeiten einfach in eine Motivationsquelle umgewandelt“, sagt Pellegrini heute rückblickend. Statt den untergehenden Klub mit den verärgerten Spielern zusammen zu verlassen, bat er die Verbliebenen um Geduld und versprach, das Problem mit den nicht gezahlten Gehältern zu lösen.

Er hielt Wort, bei den Fans ist er seither ein gefeierter Held. Und die Spieler, die blieben, wurden mit einem großen Abenteuer belohnt. Malaga rockt die Champions League, steht in Spanien auf dem vierten Tabellenplatz und spielt in den Augen vieler Leute gemeinsam mit dem FC Barcelona den schönsten Fußball der Iberischen Halbinsel.

„Meine Mannschaften legen viel Wert auf Ballbesitz, ich bevorzuge einen sehr beweglichen Stil, und versuche, die Vorzüge von südamerikanischem und europäischem Fußball zu verbinden“, sagt Pellegrini, der in Spanien „der Ingenieur“ genannt wird. „Es geht mir darum, etwas zu schaffen, und nicht darum zu zerstören.“

Das kreative Zentrum

Und weil so ein Epos auch Helden auf dem Rasen braucht, hat der 20-jährige Spanier Isco nach dem Abgang von Carzola die Rolle des kreativen Zentrums der Elf übernommen. Gerade wurde er zum Nachfolger von Mario Götze als Nachwuchsfußballer des Jahres gewählt.

Alles könnte so schön sein, wäre das tragische Ende des Märchens nicht schon angelegt. Die Uefa hat den FC Malaga gewählt, um wegen der zu spät bezahlten Gehälter, wegen Steuerschulden (die mit fünf Millionen Euro vergleichsweise gering ausfallen) und überhaupt wegen der Unberechenbarkeit des verschwundenen Geldgebers ein Exempel für ihr Financial-Fair-Play-Projekt zu statuieren.

Der Klub wurde für die internationalen Wettbewerbe des kommenden Jahres gesperrt, was nicht nur in Malaga als ungerecht empfunden wird: Der Scheich war ja längst weg.

Spieler nicht bezahlbar

Ohne Gelder aus dem Europapokal wird die Mannschaft bald nicht mehr bezahlbar sein, die besten Spieler werden ihr Glück wohl anderswo suchen, und Pellegrini wird vom FC Chelsea umworben, das hat der Berater des Chilenen vor Kurzem bestätigt.

In den kommenden Wochen will der 59-Jährige eine Entscheidung treffen. Aber einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es noch. Nach Informationen der Los Angeles Times überlegt David Beckham gemeinsam mit dem ehemaligen US-Nationalspieler Alexi Lalas, die Mehrheit des Klubs zu übernehmen.

Und vielleicht wird die Uefa auch ihr Strafmaß abmildern, wenn die Andalusier ins Endspiel kommen oder am Ende gar den Pokal gewinnen. Denn ein gesperrter Vorjahresfinalist wäre sicher nicht gut fürs glanzvolle Image der Champions League. Es geht also um viel für den FC Malaga gegen den BVB.

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