Blockupy-Demo in Berlin: Die wilden Zeiten sind vorbei

Seit dem Morgen gehen in der Hauptstadt AktivistInnen gegen die Sozial- und Flüchtlingspolitik auf die Straße. Der Protest fällt sehr übersichtlich aus.

Polizei und Demonstranten vor Hochhäusern und blauem Himmel

Der Potsdamer Platz in Berlin am Freitagvormittag. Die Polizei war auch schon da Foto: reuters

BERLIN taz | Als die ersten von ihnen um 8.22 Uhr am Potsdamer Platz in Berlin aufbrechen, erinnert die Szenerie noch einmal kurz an jenen großen Demonstrationstag am 18. März 2015. Die AktivistInnen stürmen, leicht vermummt, mit Transparenten in der Hand davon, Polizisten wollen sie stoppen. Dann geraten sie an die Beamten, ziehen sich zurück, suchen wieder einen neuen Weg.

Um 8.42 Uhr, in Sichtweite des Bundesarbeitsministeriums, ist es dann soweit: Hunderte Blockupy-AktivistInnen sind unterwegs, die Polizei setzt Pfefferspray ein – und? Fertig.

Zwei Gruppen lassen sich schließlich vor dem Bundesfinanzministerium sowie vor dem Bundesarbeitsministerium nieder, eine von Polizeibeamten umkesselt.

Mit einer kurzen und übersichtlichen Bewegungseinheit haben am Freitagmorgen die Blockupy-Proteste in Berlin begonnen. Das kapitalismuskritische Bündnis hatte damit erstmals in Berlin zu sogenannten Blockaden aufgerufen, um in der Hauptstadt gegen die Sparpolitik der deutschen Bundesregierung, gegen Hartz-IV und für eine neue Umverteilungspolitik zu demonstrieren.

Lediglich mehrere hundert Menschen waren dem Protestaufruf am Freitag gefolgt. Eine große Mobilisierung wie am 18. März 2015 in Frankfurt, als die Europäische Zentralbank ihren Mitarbeitern anordnete zu Hause zu bleiben und ganze Straßenzüge zerlegt wurden, blieb dagegen aus.

Zu Hochzeiten kam dem Bündnis durchaus Bedeutung innerhalb der europäischen Linken zu.

Zwar kündigte das Bündnis für den Tag noch weitere Protestaktionen an, doch deutlich ist schon: Blockupy hat seine wildesten Zeiten hinter sich.

Das Bündnis, das vor allem aus linken Gruppen besteht und viel Unterstützung aus der Linkspartei und der Rosa-Luxemburg-Stiftung erhielt, hatte über Jahre immer wieder linke AktivstInnen aus unterschiedlichen europäischen Ländern nach Frankfurt eingeladen, um gemeinsam über Perspektiven einer europäischen Linken zu diskutieren. Zu Hochzeiten, als etwa in Griechenland die Syriza-Bewegung an die Macht kam und in Spanien und Portugal linke Parteiströmungen großen Zulauf erhielten, kam dem Bündnis damit durchaus Bedeutung innerhalb der europäischen Linken zu.

Warten auf den G20-Gipfel 2017

Auch in der Frankfurter Stadtgesellschaft konnte das Bündnis viele Sympathien gewinnen. An einer Blockupy-Demonstration im März 2015 nahmen in Frankfurt bis zu 20.000 Menschen teil. Mit ihrer Politik kämpften die AktivistInnen vor allem für einen faireren Nord-Süd-Ausgleich innerhalb Europas und gegen Sozialkürzungen auf dem Kontinent.

Mit der Entscheidung, künftige politische Aktionen bevorzugt im politischen Berlin auszutragen, brach der Zulauf allerdings weg – auch weil sich das Bündnis entschied, nicht europaweit zu den Protesten in Berlin aufzurufen. Mit den diversen gescheiterten Projekten europäischer Linksparteien ist zudem auch der Verständigungsprozess einer europäischen Linken nicht einfacher geworden.

Und so erklärt sich, dass das Blockupy-Bündnis nicht mehr so kampfstark wie einst auf die Straßen rufen kann. Zu erwarten ist deshalb nun eine Besinnungspause und ein Verständigungsprozess, in dem vor allem eine offene Frage das Hauptthema sein dürfte: Wo steht Blockupy, wenn im Juli 2017 in Hamburg der G20-Gipfel stattfinden soll.

Denn eines immerhin ist auch in der linksradikalen Szene klar: Dass dieser Termin ein Schaulauf der antikapitalistischen Linken werden soll, der es in Hamburg ja nicht an Unterstützern mangelt.

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