Bidens Gesetzespaket für Klima und Sozialreformen: US-Repräsentantenhaus stimmt zu

Der Präsident hat sein Gesetzespaket endgültig durch den Kongress gebracht. Es ist längst nicht mehr so ambitioniert wie zu Beginn. Dennoch ist es ein Sieg für Biden.

Nancy Pelosi unterzeichnet sitzend ein Dokument. Um sie herum stehen mehrere Abgeordnete der Demokraten. Sie freuen sich über die Verabschiedung des Gesetzes

Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, unterzeichnet nach der Abstimmung das Gesetzespaket Foto: Leah Millis/reuters

WASHINGTON dpa | Der Kongress in Washington hat nach langem Streit ein Gesetzespaket über Milliardeninvestitionen in den Klimaschutz und den Sozialbereich verabschiedet. Nach dem Senat stimmte am Freitag auch das Repräsentantenhaus dem sogenannten Inflationsbekämpfungsgesetz zu. In beiden Parlamentskammern kamen alle Stimmen für das Gesetz von den Demokraten von US-Präsident Joe Biden, alle Stimmen dagegen stammten aus den Reihen der Republikaner.

Biden kündigte nach der Abstimmung an, das Gesetz in der kommenden Woche zu unterzeichnen. Am 6. September werde er im Weißen Haus zudem eine „eine Feier zu Ehren dieser historischen Gesetzgebung“ abhalten. Biden hatte zuvor von den bisher umfassendsten Investitionen der USA zur Bekämpfung des Klimawandels gesprochen.

Bidens ursprüngliche Pläne für Klimaschutz und Sozialreformen gehörten zu den Kernvorhaben seiner Amtszeit. Das jetzige Paket ist wegen Streitigkeiten innerhalb seiner Partei ein Kompromiss. Es enthält nur noch einen Bruchteil dessen, was der Präsident einst durchsetzen wollte. Biden schrieb am Freitagabend auf Twitter, das Gesetz „erforderte viele Kompromisse. Das ist bei wichtigen Dingen fast immer der Fall.“

Dass das Gesetz überhaupt verabschiedet wurde, ist für den Präsidenten ein beachtlicher Sieg – bis vor kurzem wurde damit kaum noch gerechnet. Biden kämpft seit langem mit schlechten Zustimmungswerten. Nach einer Statistik der Webseite Fivethirtyeight, die verschiedene Umfragen zusammenführt, sind nur gut 40 Prozent mit seiner Arbeit zufrieden, mehr als 55 Prozent sind es nicht. Zuletzt haben sich seine Werte etwas verbessert.

Bidens Demokraten droht im November dennoch eine schwere Niederlage: Bei den Kongresswahlen werden den Republikanern gute Chancen ausgerechnet, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu erobern. Dann wird es Biden, dem Abweichler in seiner eigenen Partei schon jetzt Probleme bescheren, mit Gesetzesvorhaben noch schwerer haben.

Baerbock würdigt Klimaaspekt des Gesetzes

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock würdigte nach der Verabschiedung des Gesetzes besonders dessen Klimaaspekt. „Unsere Chance, überhaupt noch unter den Zwei-Grad-Pfad zu kommen, ist heute ein Stückchen größer geworden“, sagte die Grünen-Politikerin am frühen Samstagmorgen in Berlin. „Das größte Klimainvestitionsprogramm in der US-Geschichte wird einen spürbaren Beitrag zur Senkung der globalen Treibhausgasemissionen und zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens leisten.“

Das sogenannte Inflationsbekämpfungsgesetz, das der Kongress nun verabschiedet hat, ist viel breiter gefasst, als der Name suggeriert.

Im Bereich Klimaschutz sollen in den kommenden zehn Jahren rund 370 Milliarden Dollar (etwa 359 Milliarden Euro) investiert werden. So soll die Herstellung von Solarzellen und Windturbinen gefördert werden. Finanzielle Anreize sind auch für den Bau von Werken für Elektroautos vorgesehen. Die Energieforschung soll vorangetrieben werden. Die Maßnahmen sollen zu einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes der USA von rund 40 Prozent bis 2030 führen.

Der staatlichen Krankenversicherung für ältere oder behinderte Menschen (Medicare) soll erstmals erlaubt werden, die Preise für bestimmte teure Medikamente mit den Pharmafirmen direkt zu verhandeln. Die Demokraten rechnen mit Einsparungen von knapp 290 Milliarden Dollar über zehn Jahre. 2025 soll die Zuzahlung von Patienten für Medikamente auf 2000 Dollar pro Jahr begrenzt werden. Zusätzlich sollen für Millionen Amerikaner die Beiträge für die Krankenversicherung sinken.

Zudem soll das Gesetzespaket Steuerschlupflöcher schließen. Firmen mit Gewinnen von mehr als einer Milliarde Dollar im Jahr sollen künftig mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Diese Mindeststeuer soll in den kommenden zehn Jahren rund 313 Milliarden Dollar in die Haushaltskasse spülen. Die Steuerbehörde IRS soll im selben Zeitraum zusätzliche 80 Milliarden Dollar erhalten. Die IRS soll dadurch in die Lage versetzt werden, 124 Milliarden Dollar zusätzliche Steuern von Reichen und hochprofitablen Firmen einzutreiben. Familien mit einem Haushaltseinkommen von weniger als 400 000 Dollar pro Jahr sollen davon nach Angaben der US-Regierung nicht betroffen sein.

Die US-Regierung geht davon aus, dass durch das Gesetzespaket das staatliche Defizit um mehr als 300 Milliarden Dollar verringert werden kann. Das soll auch die Inflation bremsen, die im Juli bei 8,5 Prozent lag.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.