Insolvente Nobelkaufhaus-Gruppe: Interessenkonflikt beim KaDeWe

Bislang ist wenig über die Bürgschaft bekannt, die der Staat der Gruppe gewährt hat. Nun wirft eine Doppelrolle des Wirtschaftsprüfers PWC Fragen auf.

Ein Rolladen vor dem KaDeWe Eingang

Problemfall, aber weiterhin geöffnet: Das KaDeWe in Berlin Foto: dpa

BERLIN taz | Das Insolvenz-Drama um die KaDeWe-Group geht in die nächste Runde: Nachdem vor zwei Wochen bekannt wurde, dass der Staat bei einer Pleite möglicherweise mit einer Bürgschaft in Höhe von 81 Millionen Euro einspringen muss, rückt nun die Rolle des Beratungsunternehmens PWC in den Fokus. Wie das Wirschaftsmagazin Capital berichtet, wickelt das Unternehmen Bürgschaften für den Bund ab, darunter auch die 2020 bewilligte 81-Millionen Bürgschaft. Gleichzeitig soll die KaDeWe-Group PWC auch mit der Vorbereitung des Insolvenzantrags im Januar beauftragt haben.

„Sollte sich der Verdacht bestätigen, dann sind Interessenkonflikten Tür und Tor geöffnet“, sagt der Noch-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser (Linke) zur taz. Als sogenannter Mandatar übernimmt das Beratungsgroßunternehmen die Vorprüfung aller Bürgschaftsanfragen an den Bund. So auch 2020, als die KaDeWe-Group mitten in der Coronakrise eine Bürgschaft für einen Betriebsmittelkredit bei der französchen Großbank BNP Paribas beantragte. Sollte die Bank im Zuge der Insolvenz die Bürgschaft ziehen, weil sie ansonsten auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müsste, ist PWC wiederum verantwortlich, zu prüfen, ob alles rechtmäßig abläuft.

Daraus ergäbe sich eine Doppelrolle: Als Insolvenzberater wäre es auch daran interessiert, dass die Prüfung der Bürgschaft positiv ausfällt. Aus diesem Grund untersagt der Bund vorsorglich dem Mandatar, beratend für die Unternehmen tätig zu werden, deren Bürgschaften es geprüft hat. Das dies der Fall ist, bestreitet das Unternehmen: „Die genannten Befürchtungen sind unbegründet“, sagt ein Sprecher auf taz-Anfrage.

Keine Entwarnung

„Wenn ich mit PWC jemanden habe, der für beide Seiten verhandeln soll, ist die Frage, wo die Loyalität liegt“, kritisiert auch der Abgeordnete Julian Schwarze (Grüne). Anstatt die Bürgschaftsprüfung an externe Dienstleister auszulagern, solle der Bund selbst Kompetenzen in den Ministerien aufbauen, fordert Schwarze.

Sollte die Paribas die Bürgschaft ziehen, könnte das auch Berlin teuer zu stehen kommen: Bund und Land haften für jeweils die Hälfte der Summe. Wie hoch der Betrag am Ende sein könnte, ist allerdings unklar. Gemäß den Vorgaben der Bürgschaft müsste der Staat für 90 Prozent der Kreditsumme haften – maximal also 81 Millionen insgesamt, 40,5 Millionen für Berlin.

Die KaDeWe-Group beschwichtigt allerdings: „Die Rückzahlung des Kredits erfolgt planmäßig und die KaDeWe Group hat bereits Rückzahlungen in relevanter Höhe an den Kreditgeber geleistet“, sagt ein Sprecher des Unternehmens am Mittwoch der taz. In den am Mittwoch nachträglich veröffentlichten Jahresabschlüssen steht allerdings, dass das Unternehmen bis 2022 lediglich zehn Millionen Euro zurückgezahlt hat. Entwarnung für Berlin gibt es also noch nicht.

Die Frage, wie es überhaupt zu der Vergabe der Bürgschaft kam, ist ebenfalls ungeklärt. Weitestgehend bewilligte die der damalige Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) und die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). Eine Abstimmung durch das Parlament war nicht notwendig. Auch heute noch gibt sich die Senatsverwaltung für Finanzen schmallippig: „Die Federführung für Bund-Länder-Bürgschaften liegt beim Bund“, so ein Sprecher. Weitere Auskünfte könnte die Senatsverwaltung aus Gründen der Vertraulichkeit nicht machen.

Dabei warnte PWC schon damals vor dem aufgrund überhöhter Mieten dysfunktionalen Geschäftsmodell der KaDeWe-Group, wie das Managermagazin bereits 2021 berichtete. Der Bund genehmigte den Antrag offenbar trotzdem. „Die Zeichen lagen schon damals auf dem Tisch“, kritisiert Schwarze. Das nun sowohl der Bund als auch der Senat nicht an einer Aufklärung interessiert seien, sei skandalös: „Es ist öffentliches Geld, da muss Transparenz herrschen.“

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