Resolution gegen den Krieg in Nahost: Bisher ohne Wirkung

Laut humanitären Helfern verschlechtert sich die Lage in Gaza – trotz UN-Sicherheitsratsresolution. Israel sieht die Schuld bei Hilfsorganisationen.

Eine FRau und Kinder sitzen vor einem zerstörten Haus auf dem Straßenpflaster

Vor israelischen Angriffen geflohen: Rafah, Gaza, 27.12.2023 Foto: Hatem Ali/ap

BERLIN taz | Die mühsam verhandelte Nahost-Resolution des UN-Sicherheitsrats für humanitären Zugang in Gaza bleibt rund eine Woche nach ihrem Beschluss offenbar weitgehend wirkungslos. Am Donnerstag kündigte die israelische Armee eine weitere Ausweitung ihrer Operationen im mittleren Teil des Küstenstreifens an und forderte Bewohner des Al-Bureidsch-Flüchtlingslagers auf, ihre Häuser zu verlassen.

Das UN-Nothilfebüro (OCHA) hatte zuvor gewarnt, dass Hilfslieferungen angesichts heftiger Bombardements und Gefechte zunehmend aufgehalten würden. „Zerstörte Straßen, der Mangel an Treibstoff und extrem eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten“ machten die Arbeit der Helfer vielerorts schwer.

Kurz vor Weihnachten hatten sich die Mitglieder des Sicherheitsrats nach langen Verhandlungen auf einen völkerrechtlich bindenden Beschluss geeinigt. Darin wird Israel aufgefordert, „sicheren und ungehinderten humanitären Zugang“ zu ermöglichen. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, bilanzierte am Mittwoch auf X ernüchternd, die Resolution habe „noch keine Wirkung gezeigt“.

Juliette Touma, Kommunikations­direktorin des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA)

„Es teilen sich 400 Menschen eine Toilette“

Im Süden und Zentrum des Küstenstreifens drängen sich rund 1,9 Millionen Binnenvertriebene auf immer kleinerem Raum zusammen. „Es teilen sich 400 Menschen eine Toilette“, sagte die Kommunikationsdirektorin des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA), Juliette Touma. Die Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten platzt laut UNRWA „aus allen Nähten“. Hilfstransporte mit Nahrungsmitteln seien auf dem Weg in den Norden von hungrigen Menschen gestoppt und entladen worden. Rund 40 Prozent der Bevölkerung seien von Hunger bedroht.

Druck auf Israel steigt

Israel sieht die Schuld bei den Hilfs­organisationen, die nicht effektiv arbeiteten. „Wir prüfen mehr Hilfslieferungen, als nach Gaza gebracht werden können“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Die internationale Gemeinschaft müsse zusätzliche Lösungen für Hilfen und den Aufbau von Feldkrankenhäusern finden.

Diese Aufgabe übernimmt ab Januar die niederländische Politikerin Sigrid Kaag als Nothilfekoordinatorin der UNO für den Gazastreifen. Ihre Einsetzung folgt aus der Resolution des Sicherheitsrates. Die 62-Jährige soll künftig Hilfslieferungen koordinieren, beschleunigen und sicherstellen, dass Hilfsgüter wie Treibstoff nicht in die Hände der Hamas gelangen.

Indes steigt der diplomatische Druck auf die israelische Regierung. Am Donnerstag wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in Gaza rund 50 Menschen bei Luftangriffen getötet, unter anderem in Bei Lahia und Chan-Yunis. Nachdem am 24. Dezember mehr als 70 Menschen durch das israelische Militär getötet wurden, drückte es am Donnerstag Bedauern über den „Schaden an unbeteiligten Zivilisten“ aus. Eine Untersuchung soll ergeben haben, dass die falsche Munition verwendet worden wäre, die Schaden in der unmittelbaren Umgebung der eigentlichen Ziele verursacht habe.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte in einem Telefonat mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu einen „dauerhaften Waffenstillstand“.

Ein baldiges Ende der Kämpfe ist jedoch nicht zu erwarten: Zwar will die Armee ihre Strategie laut einem Bericht des israelischen Senders Kanal zwölf ändern. Der Krieg dürfte aber laut Generalstabschef Herzi Halevi noch „viele Monate“ dauern.

Die Spannung zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Süd-Libanon schürt zudem die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts. Benny Gantz, Israels Minister im Kriegskabinett, warnte: „Wenn die Welt und die libanesische Regierung nicht für ein Ende des Beschusses auf unsere nördlichen Orte sorgen und die Hisbollah von der Grenze zurückdrängen, dann wird die israelische Armee es tun.“

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