Medienkodex des „Netzwerk Recherche“: Journalismus ohne Nebenjob

Auf der Jahreskonferenz des „Netzwerk Recherche“ wurde die Trennung von Journalismus und PR diskutiert – und eigene Leitlinien erarbeitet.

Hand hält Mikrofon

Ist das noch Journalismus oder schon PR? Foto: Imago

Es sind vier Worte aus dem Medienkodex des Netzwerk Recherche (NR) von 2006, die dessen Arbeit seit fast 20 Jahren begleiten und prägen: „Journalisten machen keine PR.“ Was radikal und klar formuliert ist, wirft in der Praxis für Jour­na­lis­t:in­nen viele Fragen auf, die bei der diesjährigen Jahreskonferenz erneut kontrovers diskutiert wurden.

Was genau ist PR? Pressearbeit? Auch von befragten Po­li­ti­ke­r:in­nen bezahlte und bestellte Moderationen, wie sie seit Monaten in der Kritik stehen? Oder mehr?

Das NR will Klarheit schaffen mit einer „Leitlinie Journalismus und PR“. Darin heißt es: „Das Netzwerk Recherche definiert PR als jede Leistung, die einer Organisation dabei hilft, für sich und ihre Produkte Öffentlichkeit herzustellen – auch, wenn dies ohne Honorar geschieht.

Im Klartext: Wer Pressemitteilungen schreibt oder Veranstaltungen organisiert, macht PR. Wer für eine Organisation als Spre­che­r*in kommuniziert oder für Publikationen von Organisationen außerhalb unabhängiger Medien schreibt, macht PR. Wer Medientrainings für Po­li­ti­ke­r*in­nen oder Un­ter­neh­mens­che­f*in­nen anbietet, macht PR. Und wer für solche Organisationen Veranstaltungen moderiert, macht ebenfalls PR.“ Geplant ist, Jour­na­lis­t:in­nen und Redaktionen in konkreten Fällen beratend zur Seite zu stehen.

Realität von Freien berücksichtigen

Der Journalist Hubert Jakob Denk veröffentlicht mit Bürgerblick Passau ein unabhängiges Lokalmedium in der Region des Quasi-Monopolisten Passauer Neue Presse. Er sagt, er sei wegen dieser vier Worte einst Mitglied im NR geworden, und unterstützt den Entwurf der Leitlinie. Die Journalistin Gemma Pörzgen betont: „Vom Schreiben können freiberufliche Jour­na­lis­t:in­nen nicht leben.“

Der Entwurf sei „nicht gut ausformuliert, zum Beispiel weil sehr allgemein von Organisationen“ die Rede sei und das „der Komplexität des Themas nicht gerecht wird“. Sie fordert „mehr Differenzierung“ zwischen interessegeleiteten und unabhängigen, journalistischen Moderationen. Die Realität von Freien sei zudem nicht ausreichend berücksichtigt. Studiengänge, die „Journalismus und PR“ gleichzeitig anbieten, sollten kritisch erwähnt werden.

Am Ende einigten sich die Teil­neh­me­r:in­nen auf eine Überarbeitung der Leitlinie. Der NR-Vorsitzende Daniel Drepper sagt, die Diskussion sei „wie erwartet kontrovers“. Der Vorstand werde die Hinweise einfließen lassen. Ergänzt werden soll im Kodex zudem, Jour­na­lis­t:in­nen „machen mögliche Interessenskonflikte transparent“.

Transparenzhinweis: Der Autor hat 2006 am Kodex mit gearbeitet, war jedoch nicht am aktuellen Entwurf beteiligt.

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