Bernhard Pötter
Wir retten die Welt
: Sankt Martin ist ein Öko-Bolschewik

Es war einen Tag nach dem Nikolausfest, als der heilige Martin die Geschenke brachte. Allerdings waren das mehr so Ostereier – gut versteckt, kaum gefunden. Jedenfalls stand Martin Schulz am 7. Dezember auf dem Parteitag in Berlin und verkündete, die Sozialdemokratie sei jetzt öko. Mal ehrlich: Sie haben es auch nicht mitbekommen, oder?

Schulz machte es wie damals die Bolschewiki: Wir sind hoffnungslos in der Minderheit, aber wir nennen uns einfach die Mehrheit. Das Thema „Dürfen wir über die Groko reden?“ war schon durch, da konnte sich der Chef auch mal inhaltlich aus dem Fenster lehnen: „Wir müssen aufhören, Umweltschutz gegen Industriepolitik auszuspielen.“

Für viele Genossen im Saal wäre das die Weltrevolution. Zur Erinnerung: Es war der SPD-Wirtschaftsminister Gabriel, der den Klimaschutzplan seiner SPD-Kollegin Hendricks vor einem Jahr kastrierte; es waren die SPD-Länder Brandenburg und NRW, die eine Klima-Abgabe auf dreckige Kraftwerke verhinderten. Und es ist die SPD-dominierte Gewerkschaft IGBCE, die an der Kohle klebt wie Merkel an ihrem Stuhl. Wenn die Sozis den Umweltschutz ernst nähmen, hätte Deutschland kein Klimaproblem.

Dabei ist Ökologie eine Frage der Gerechtigkeit, die die SPD so gern stellt: Ist es gerecht, dass ein Deutscher knapp 10 Tonnen CO2 in die Luft bläst, ein Inder aber nicht mal 2? Ist es gerecht, dass die EEG-Umlage Arme stärker belastet als Reiche, dass kleine Firmen höhere Strompreise zahlen als Konzerne? Ist es gerecht, dass sich vor allem Besserverdiener Öko-Bananen leisten können? Ist es gerecht, dass Eigenheimbesitzer in den Vorstädten, steuersubventioniert mit Solaranlage, Pendlerpauschale und Dieselprivileg, den Mietern an den Ausfallstraßen die Luft voll stinken? Antworten auf das Thema Öko/Sozial/Gerechtigkeit hat die SPD im Wahlkampf völlig den Grünen überlassen. Das hat ja super geklappt.

Jetzt aber hatten Schulz’ Redenschreiber offenbar eine Erleuchtung: Eine intakte Welt zu hinterlassen ist für ihn „ein Prüfstein für unsere politische Existenzberechtigung“. „Wir wollen die Klimaziele erreichen. Das geht einher mit dem Ende der Kohleverstromung.“ „Den Menschen hilft keine Realitätsverweigerung, sondern ein Zukunftskonzept.“ „Ökologische Grundrechte müssen den gleichen Stellenwert bekommen wie soziale und individuelle Grundrechte.“

Amen, Sankt Martin! Und immer an den Bibelspruch denken: Nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten werdet ihr sie erkennen.