Album und Konzerte von Johnny Dowd: Spediteur des Countrysounds

US-Singer-Songwriter Johnny Dowd kommt mit seinem neuen Album „Is Heaven Real? How Would I Know“ für zwei Konzerte nach Deutschland.

Johnny Dowd steht neben einem Kamel, der Himmel ist bewölkt ,er trägt einer verspiegelte Sonnenbrille

Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass Johnny Dowd nochmal als Möbelpacker schuftet Foto: Mike Edmondson

Mit leicht angeschrägtem, wie aus dem Ärmel geschüttelten Pianolauf beginnt „Is Heaven Real? How Would I Know“, das neue Album von Johnny Dowd. Das Piano des US-Singer-Songwriters wird in den nächsten 41 Minuten steter Begleiter werden, zu ihm gesellen sich eine quecksilbrige Fiddle und Blechperkussion.

In schwerem Südstaaten-Akzent singt der 76-jährige Künstler ein Eifersuchtsdrama, und schon ist man drin in der Welt Johnny Dowds, dem der US-Musikautor und Dylanologe Greil Marcus einmal bescheinigte, das schlechte Gewissen von Country zu verkörpern.

Countrymusik ist nur eines der Genres, die Johnny Dowd seit drei Jahrzehnten für seine Songs heranzieht. „Is Heaven Real?“ ließe sich als Dowds Version und Vision von Soul beschreiben. Die Musik klingt nach Sonnenstrahlen im Staub und Eiswürfeln im Glas, es ist Dowds Album Nummer 19 und dabei sein erstes Vollzeit-Vinyl. Bis jetzt hat er, von einigen Singles abgesehen, nur CDs herausgebracht, nicht wenige davon auf seinem eigenen Label. Bis zur Pandemie hat der Musiker im Brotberuf als Umzugsspediteur gearbeitet. Seitdem malt er.

Der Spätberufene

Dowd debütierte erst Mitte der 1990er mit „Wrong Side of Memphis“, zunächst gab es das Album nur als Tape. „Is Heaven Real?“ ist nun in der Musikhochburg eingespielt. Musikalisch liegen zwischen den beiden Alben Welten. „Wrong Side of Memphis“ ist der Johnny Dowd, wie er in der Folgezeit in den Feuilletons besprochen wurde, ein mit den Nachtseiten der menschlichen Existenz vertrauter Künstler, der das mittels eines äußerst experimentierfreudigen Countryblues kanalisierte.

Das Folgealbum „Pictures From Life’s Other Side“ stand dem in nichts nach, war aber kompakter produziert. „Temporary Shelter“ geriet zu Dowds Reise ins Herz der Finsternis, auch „The Pawnbroker’s Wife“ sang keine Oden an die Freude. Doch mit „Cemetery Shoes“ (2004) kam mehr und mehr zum Tragen, was bei Dowd bereits angelegt war: beißender Humor.

2006 dann veröffentlichte der Singer-Songwriter aus Oklahoma „Cruel Words“, immer noch keine Partymumusik, auch wenn Dowd auf diesem Album eine weitreichende stilistische Entscheidung treffen sollte, er setzte auf Funkrhythmen und Synthesizerflächen von Drummer Brian Wilson (kein Künstlername!) und Organist Alex Perialas.

Chuck Berry meets Black Sabbath

Dowd’scher Eklektizismus machte es möglich, dass „Cruel Words“ mit „Johnny B. Goode“ ausklang und dabei Chuck Berry mit dem Black-Sabbath-Klassiker „Iron Man“ kurzschloss. Auf dem Album gastierten Sally Timms und Jon Langford von den Mekons. Die britische Postpunk-Band, die es Mitte der achtziger Jahre über den großen Teich gezogen hat, ist im unorthodoxen Zugriff auf nordamerikanische Traditionsmusik seit jeher geistesverwandt mit Dowd.

Werke wie „A Drunkard’s Masterpiece“, „Wake up the Snakes“ und „No Regrets“, alle drei mit der Sängerin Kim Sherwood-Caso, brachten mehr abgründige Groovemusik. Auch auf „Is Heaven Real? How Would I Know“, das Cover ist von Jon Langford gestaltet, bleibt Dowd seinen Themen treu. Seine Housewives sind immer noch desperate und seine Handlungsreisenden Untergeher, doch kommt jetzt eine gewisse Gelassenheit zum Tragen.

Der Humor ist immer noch skurril: Den liebeskranken Protagonisten von „Ice Pick“ zu Trotzki in seinem letzten Moment werden zu lassen, muss man erst einmal bringen. „Pillow“, das mit Kirmesmusik gemachte Geständnis, Sartre nie verstanden zu haben, und „LSD“, die Antwort auf die philosophische Misere, bilden eine Klammer.

Johnny Dowd: „Is Heaven Real? How Would I Know“ (Brightspark)

Live: 26.3.2024 Zentralcafe im Künstlerhaus Nürnberg: 27.3.2024 KoHi, Karlsruhe

„Is Heaven Real? How Would I Know“ schließt mit einem achtminütigen Finale: „Black and Shiny Crow“ bündelt das Album und zitiert „Preachin’ the Blues, Part 1“ von Son House, Kirchenvater des Blues. Johnny Dowds Collage ist eine Hommage. Dabei trägt ihn die Band.

Für die Songs des Albums sind das neben seiner Schwester Jif Dowd (Schlagzeug) und Mike Edmondson (Gitarre) die Country-Punks und Folkmusiker Will Sexton (Gitarre), Amy LaVere (Bass, Gesang), Rick Steff (Piano), Alex Greene (Orgel, Posaune), Jim Spake ­(Saxofon), Krista Lynne Wroten (Fiddle, Gesang) plus Will McCarley und Shawn Zorn (Perkussion). Freude ist möglich, vor dem Himmel.

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