AfDler kanditiert als Betriebsrat: Rechts außen und daneben

Der AfDler Jens Keller will Betriebsrat bei Hannovers Entsorgungsunternehmen Aha werden. Ver.di Hannover hat ihn zum Austritt aus der AfD aufgefordert.

Ein Portraitfoto von Jens Keller.

Gewerk­schafter und AfD-Politiker: Jens Keller aus Hannover Foto: AfD

Normalerweise sorgen Personalratswahlen nicht für großes Aufsehen. Doch die für nächste Woche angesetzte Wahl bei „Aha“, dem Hannoverschen Entsorgungsunternehmen, hat eine Debatte über die Vereinbarkeit zwischen der gleichzeitigen Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und in der AfD ausgelöst. Der Grund: Auf der Kandidatenliste steht Jens Keller, der als Ver.di-Mitglied in den Betriebsrat will, aber auch Vorsitzender der AfD-Ratsfraktion in Hannover ist.

Bei dem städtischen Unternehmen ist Keller seit 2009. Mitglied bei der AfD wurde der 49-jährige 2015. Die AfD sei für ihn insbesondere durch ihre „Euro-Skepsis“ interessant geworden, später habe ihn aber auch das restliche Wahlprogramm größtenteils überzeugt, gab er in der Vergangenheit bekannt. Ein Foto zeigt ihn aber auch bei einem Treffen mit dem rechtsextremen Björn Höcke. Fern sind Keller Höckes Ansichten nicht: So bezichtigte er die Stadt bei einer Ratsverhandlung, mit ihrer Flüchtlingspolitik „Sozialtourismus“ zu fördern.

Der Vater zweier Kinder sieht seinen Auftrag insbesondere in der Verbesserung der Kinderbetreuungs- und Schulpolitik. Was das bedeutet, wird deutlich, wenn er den Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund an Schulen für steigende Gewalt mitverantwortlich macht. Von dem Fall betroffene Leh­re­r:in­nen hatten hingegen Platz- und Personalmangel als Ursache gesehen.

Seine politische Tätigkeit und die Kandidatur für den Personalrat stehen für Keller nicht im Widerspruch. Seit 14 Jahren ist er Gewerkschaftsmitglied, außerdem Ver.di-Vertrauensperson bei seinem Arbeitsgeber. „In der Firma mache ich keine Politik“, sagt er auf Nachfrage.

DGB hat keinen Unvereinbarkeitsentschluss

Mehr noch: Keller sieht sich als Vertreter der Arbeiterschaft. Auch hierin sieht er keinen Streitpunkt zur neoliberalen Wirtschaftspolitik der AfD. „Ich selbst bin Arbeiterkind und kenne die Bedürfnisse“, sagt er. Er habe auch kein Problem mit migrantischen Mitarbeitenden. „Ganz im Gegenteil, gerade von ihnen habe ich Zuspruch bekommen“, sagt der AfD-Politiker. An einen Austritt aus der Gewerkschaft oder einen Rücktritt von der Wahl denke er nicht.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), zu dem auch Ver.di gehört, sieht die Situation anders. Auf der DGB-Seite wird die AfD als der „Feind der Beschäftigten“ bezeichnet. So fordert der lokale Ver.di-Verband in Hannover Keller zum Austritt auf. Auch der Aha-Personalrat distanziert sich von dem 49-Jährigen. Von der Kandidatur abhalten können sie Keller allerdings nicht. Das Problem: Es gibt keinen einheitlichen Unvereinbarkeitsbeschluss des DGB gegenüber einer Parteimitgliedschaft bei der AfD. Lediglich einzelne Gewerkschaften haben eine solche Erklärung bisher in ihre Statuten aufgenommen.

„Ein Ausschluss aus der Gewerkschaft ist in etwa so schwer wie ein Parteiausschluss“, sagt Ver.di-Sprecher Tobias Morchner. Die Prüfung laufe, letztlich sei die Frage nach einer Unvereinbarkeitsklausel aber Thema für den Bundeskongress. Der findet das nächste Mal 2028 statt.

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