Finanzen der NPD: "Berlin ist extrem klamm"

Interne Mails zeigen die maue Finanzlage der NPD - und eine zweifelhafte Vermengung von Fraktions- und Parteiarbeit. Teilweise wird sich um einen Euro gestritten.

Die Landtagsverwaltung in Dresden will prüfen, ob Fraktionsmittel durch die NPD unzulässig für Parteiarbeit verwendet wurden. Bild: dapd

Es ist Anfang Januar 2011, das "Flaggschiff" der rechtsextremen Partei - ein altes Wohnmobil - muss auf Vordermann gebracht werden. Um die 3.000 Euro soll das kosten, schreibt der NPD-Wahlkampfleiter für Sachsen-Anhalt, Holger Apfel. "Berlin ist zur Zeit wohl extrem klamm", klagt er. Doch man brauche die Kiste unbedingt!

An anderen Stellen des internen E-Mail-Verkehrs aus der NPD wird es noch kleinlicher. Da zankt sich der nationale Widerstand schon mal, weil freiwillige Helfer einen Euro für ihre Bratwurst bezahlen müssen.

Richtig interessant wird es, wenn es um die großen Summen geht - und damit die Existenz der Partei. In einer E-Mail vom 14. Dezember 2010 schreibt Bundespartei-Chef Udo Voigt, dass eine von ihm verlangte Bürgschaft für ein Darlehen problematisch sei, wenn ein bald anstehendes Verfahren verloren gehen sollte.

Dabei geht es um 1,27 Millionen Euro an Rückzahlungen, zu denen die NPD 2009 in erster Instanz verdonnert wurde. In diesem Jahr soll vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Berufung verhandelt werden.

Schein und Sein: Als "Deutschlands starke Rechte" will sich die NPD im Wahljahr 2011 präsentieren, die Landtagswahl im März in Sachsen-Anhalt wird zur "Schicksalswahl" erklärt. Doch es geht dabei vor allem auch ums finanzielle Vorankommen. Dem Landesverband Sachsen-Anhalt müsse klar sein, schreibt Wahlkampfleiter Apfel dem Landeschef, "dass er auf Jahre hinweg keine Sprünge machen kann, wenn Ihr nicht in den Landtag reinkommt, dann lebt ihr quasi nur von den Mitgliedsbeiträgen". Aus dem innerparteilichen Finanzausgleich werde es "ja auch auf längere Sicht nichts geben".

In einer Dokumentation hat taz.de eine erste Auswahl von NPD-Emails veröffentlicht. Zudem erklären taz-Autoren, wie sie die Mails gesichtet haben und was sie schwärzen mussten.

NPD in der Grauzone

Die NPD hat sich in den vergangenen Jahren durch eine Reihe von Skandalen finanziell in eine heikle Situation gebracht. Doch gelernt scheint sie daraus nicht zu haben. Wie aus den tausenden von E-Mails aus der rechtsextremen Partei hervorgeht, die der taz vorliegen, bewegt sie sich nach wie vor in Grauzonen.

Das fängt an bei der fragwürdigen Vermengung von Fraktionsarbeit und Parteiarbeit von Top-Kader Holger Apfel. Der ist Fraktionschef der NPD im sächsischen Landtag - und leitet zugleich den Wahlkampf in Sachsen-Anhalt. Von seiner Landtags-Mail-Adresse schreibt Apfel von September an fast täglich Mails im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Nachbarland. Entwürfe für Plakate und Zeitungen, Angebote für Kabelbinder, Kugelschreiber und Gummibärchen - alles läuft über Apfels Adresse im sächsischen Landtag.

Der Landtagsverwaltung in Dresden liegen Teile des internen NPD-Mailverkehrs vor. Dort will man nun prüfen, ob möglicherweise "Fraktionsmittel durch die NPD unzulässig für Parteiarbeit verwendet wurden und ob Mitarbeiter der NPD-Fraktion während ihrer Arbeitszeit gesetzwidrig Parteiaufgaben übernommen haben", wie Landtagssprecher Ivo Klatte der taz am Freitag sagte. Feststellen müsste das dann der Rechnungshof. "Seitens der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag gibt es hierzu keine Stellungnahme", antwortete deren Pressesprecher am Freitag auf taz-Anfrage.

NPD-Fraktionsmitglieder in Sachsen unterstützen den Wahlkampf im Nachbarland auch finanziell: mit Darlehen. Die Abgeordneten Jürgen Gansel und Arne Schimmer sollen jeweils 10.000 Euro leihen, heißt es in den E-Mails.

Auch Udo Pastörs, NPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern, soll ein Darlehen für den Wahlkampf geben. Es geht um 25.000 Euro. Doch Pastörs zögert. Am 11. Dezember schreibt Apfel an den sachsen-anhaltischen NPD-Landeschef Matthias Heyder, er solle bei Pastörs "Druck" machen, damit "dann endlich auch das Geld fließt". Schließlich schickt Pastörs am 13. Dezember den "Darlehensvertrag bezüglich Wahlkampf Sachsen-Anhalt", als Darlehnsgeberin ist Pastörs Frau eingetragen.

Doch Pastörs stellt Bedingungen, die bei NPD-Chef Voigt überhaupt nicht gut ankommen. Pastörs will, dass die Bundesspitze mithaftet. "Ist auch ein Witz, dass ausgerechnet so ein gut begüteter Mann wie Udo hier noch eine Bürgschaft will", beschwert sich Voigt intern. Er sorgt sich, nicht einspringen zu können, "wenn wir das Verfahren 2011 hinsichtlich des Rechenschaftsberichtes 2007 verlieren sollten". Apfel meckert über Pastörs: "Kindergartenniveau". Das alles ist aber noch gar nichts im Vergleich zu den chaotischen Zuständen, die laut der E-Mails in manchen Landes- und Kreisverbänden zu herrschen scheinen.

Ein NPD-Mann aus Niedersachsen berichtet von "unserer ,ominösen' Summe" von 21.723,79 Euro. Auf der Schatzmeistertagung sei ihm signalisiert worden, "dass diese Buchung nie im Bundesrechenschaftsbericht aufgetaucht" sei. "Wie wollen wir hier weiterverfahren?", fragt er.

Eine E-Mail des bayerischen NPD-Landesgeschäftsführers vom 14. September 2010 an die Kameraden in Cham ist überschrieben mit: "Darlehen, Diebstahl". Es geht um 650 Euro. "Nach Mitteilung des stellv. Bundesschatzmeisters Schimmel taucht das Geld (…) nicht in der dortigen Buchführung auf. Verbleib bisher unklar."

Und im Protokoll einer Sitzung des NPD-Landesvorstandes Brandenburg heißt es lapidar: "Fehlerhafte Rechenschaftsberichte bei den Kreisverbänden. Alle mussten überarbeitet werden."

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