Podcast über Franz Beckenbauer: Der erste Popstar im Fußball

Vier Mal 40 Minuten erzählen Menschen, was sie mit Beckenbauer verbunden hat, geschäftlich wie privat. Das ergibt ein schlüssigeres Bild als üblich.

Fotografenriege steht neben Beckenbauer auf dem Platz

Belagert von Fotografen: Star Beckenbauer 1976 Foto: Werek/imago

Manchmal täuschen sich Menschen, wenn sie meinen, es sei das erste Mal: So wie all jene, die denken, der Brite David Beckham sei der erste Popstar im Fußball gewesen. Ein Popstar nämlich war Jahrzehnte davor schon Beckenbauer, wie man in dem BR-Podcast „Beckenbauer – Der letzte Kaiser von Deutschland“ nachvollziehen darf.

Franz Beckenbauer hat schon in den 1960ern Frisiercremes und Suppen beworben und sogar eine Platte aufgenommen. Dennoch verblüffen die Ähnlichkeiten, die vermuten lassen, dass so eine Fußballpopstar-Laufbahn vielleicht doch alles andere als einzigartig ist: überschwängliche Verehrung durch Fans, die in bodenlose Enttäuschung und Wut kippen konnte, das ambivalente Verhältnis zu den Medien und die Flucht vor der Öffentlichkeit in die Fußballzwergnation USA (siehe die sechsteilige Netflixserie „Beckham“, 2023).

Nach dem Tod der „Lichtgestalt“ sind viele anerkennende Nachrufe erschienen, die auf wenig Platz die wichtigsten Geschichten aus einem unglaublich vollen Leben nachgezeichnet haben:

Die Ohrfeige, die dazu geführt hat, dass der Giesinger nicht zu Hause bei 1860 groß wurde, sondern den Stadtrivalen FC Bayern München groß machte. Das Jahrhundertspiel im WM-Halbfinale 1970 gegen Italien, als Beckenbauer wegen einer Schulterverletzung mit dem rechten Arm in der Schlinge tapfer weiterspielte. Die Liebesbeziehungen natürlich und Beckenbauers Spruch vom „lieben Gott“, der sich „über jedes Kind“ freue. Der WM-Sieg 1990 als Trainer, nach dem er allein, nachdenklich und deshalb ikonisch über den römischen Rasen spazierte. Oder die Heim-WM 2006, die er, wie später herauskam, wohl nicht allein mit seiner charismatischen Art und ehrenamtlich nach Deutschland geholt hatte, womit sich der Podcast ebenso ausführlich auseinandersetzt.

Leben ist so viel mehr

All diese Geschichten kommen in dem von Schauspieler Sebastian Bezzel engagiert und sympathisch erzählten Podcast natürlich vor. Aber eben noch viel mehr, weil in vier Mal 40 Minuten viele Menschen erzählen, die Beckenbauer nicht nur geschäftlich, sondern auch privat nahestanden.

„Beckenbauer – Der letzte Kaiser von Deutschland“, vier Folgen, BR

Dass so ein Leben so viel mehr ist als gewonnene Titel, abgeschlossene Werbeverträge und organisierte Turniere, das ahnt der Hörer, wenn Beckenbauers Mutter oder seine ehemalige Sportlehrerin erzählen, wie schwer es der „Stumpen“ zunächst hatte, weil er kleiner war als andere, ihn im Sportunterricht aber keiner aufhalten konnte. Oder wenn Walter Beckenbauer erzählt, wie sein kleiner Bruder Franz in den besten Jahren seiner Karriere unerreichbar für ihn war, wie sie später aber drei Stunden lang im New Yorker Central Park saßen und sich ausgesprochen haben. Und wie er seinen kleinen Bruder noch besuchte, als der nach dem Verlust des Sohnes und seines Images zurückgezogen in Salzburg lebte.

Es sind Erzählungen wie diese, und weniger die Politikerzitate von Joschka Fischer, Otto Schily und Wolfgang Schäuble, die eine Annäherung an den „Kaiser“ erlauben, und eine Idee davon, was ihn angetrieben hat.

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