Vorfall mit Sittenpolizei im Iran: 16-Jährige im Koma

Nach einem Zusammenstoß mit der Sittenpolizei liegt eine 16-jährige im Koma. Laut Menschenrechtlern ging es um einen Verstoß gegen die Kopftuchpflicht.

Wohn- und Geschäftskomplexe sind im Nordwesten Teherans zu sehen, während Autos in den leeren Straßen stehen

Teheran: Behörden im Iran erhöhen den Druck auf Frauen

PARIS/TEHERAN afp/dpa | Im Iran ist ein 16-jähriges Mädchen nach einem Vorfall in der U-Bahn der Hauptstadt Teheran ins Koma gefallen. Nach Angaben der in Norwegen ansässigen kurdischen Menschenrechtsorganisation Hengaw wurde die 16-jährige Kurdin Armita Garawand am Sonntag bei einer Konfrontation mit weiblichen Angehörigen der Sittenpolizei schwer verletzt. Auslöser soll ein Verstoß gegen die Kopftuchpflicht gewesen sein. Armita Garawand liege derzeit im Krankenhaus im Koma.

Die junge Frau stammt laut Organisation aus der im westiranischen Kurdengebiet gelegenen Stadt Kermanschah und werde derzeit im Teheraner Fadschr-Krankenhaus unter verschärften Sicherheitsbedingungen behandelt. Nicht einmal Familienangehörige dürften sie besuchen, erklärte Hengaw weiter.

Auf Online-Netzwerken wurde ein Video verbreitet, das den Vorfall zeigen soll. Darin ist zu sehen, wie ein Mädchen, das offenbar keine Kopfbedeckung trägt, von Polizistinnen in die U-Bahn gestoßen wird. Dem aus dem Exil arbeitenden Nachrichtenportal „IranWire“ zufolge erlitt Garawand bei der Konfrontation eine Kopfverletzung.

Am Montag war nach Angaben der reformorientierten Zeitung „Schargh“ eine für sie tätige Journalistin vorübergehend festgenommen worden, die zu dem Fall recherchierte. Sie ist demnach mittlerweile wieder auf freiem Fuß.

Iranische Behörden dementieren

Laut iranischen Medien vor Ort wurde die Schülerin am Montag in ein Krankenhaus eingeliefert, nachdem sie in der U-Bahn in Ohnmacht gefallen war. Das Mädchen habe aufgrund Blutdruck-Abfalls ihr Gleichgewicht verloren und sei daraufhin mit dem Kopf gegen die Zugkante geschlagen, hieß es. Ihre Freunde hätten sie daraufhin aus dem U-Bahn-Waggon getragen und den Rettungsdienst gerufen.

Von der staatlichen Nachrichtenagentur Irna veröffentlichte Videoaufnahmen von der Metrostation sollen den Vorfall zeigen. Zu sehen ist demnach eine Gruppe von Frauen, die ein Kopftuch tragen, einen U-Bahn-Waggon betreten und nur wenige Sekunden später eine ohnmächtige Person wieder heraustragen. Der Teheraner U-Bahn-Direktor Masud Dorosti sprach laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna von „Gerüchten“ – und wies diese als unbegründet zurück.

Seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini blicken die Behörden im Land mit erhöhter Aufmerksamkeit auf mögliche Anlässe für Proteste. Aminis Tod nach einer Festnahme durch die Sittenpolizei wegen eines angeblich nicht vorschriftsgemäß getragenen Kopftuchs hatte im Herbst vergangenen Jahres wochenlange Proteste gegen Teheran ausgelöst.

In den vergangenen Wochen hatten die Behörden im Iran den Druck auf Frauen erhöht, die strengen Kleidungsvorschriften zu befolgen – inklusive dem Hidschab, das im Iran vorgeschriebene islamische Kopftuch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.