Rechte Umtriebe bei Frankfurter Polizei: Fünf Beamte suspendiert

Wieder gibt es Durchsuchungen wegen rechtsextremer Chats bei der Polizei Frankfurt. Diesmal stehen auch Vorgesetzte im Fokus.

Polizeiautos vor einem Gebäude

Einmal mehr führen Spuren ins 1. Revier der Frankfurter Polizei Foto: Sebastian Gollnow/dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Die Mitglieder des Innenausschusses im hessischen Landtag werden wohl ihren Urlaub unterbrechen müssen. Zu ungeheuerlich sind die Nachrichten vom Wochenende: Erneut sind fünf Beamte der Frankfurter Polizei wegen rechter Umtriebe in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten, darunter offenbar auch Vorgesetzte. Zumindest gegen einen Beamten wird wegen der „Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen“ in Chats ermittelt. Das steht im Juristendeutsch für Hakenkreuze und andere NS-Symbole. Dazu kommen als weitere Vorwürfe gegen das Quintett „Strafvereitelung“ und „Verrat von Dienstgeheimnissen“.

Auf Anordnung des Frankfurter Amtsgerichts hatte es am Freitag Durchsuchungen bei vier der Beamten gegeben. Die Fahnder beschlagnahmten mehrere Mobiltelefone. Dabei ergaben sich offenbar Anhaltspunkte gegen einen weiteren Beamten, dem jetzt die Verletzung von Dienstgeheimnissen vorgeworfen wird. Alle fünf Beschuldigten sind erst einmal suspendiert und dürfen ihre Amtsgeschäfte nicht weiter ausüben.

„Völlig inakzeptables Verhalten“

Während die gemeinsame Presseerklärung von Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft vom Wochenende nur dürre Angaben zu den Vorgängen enthält, spricht Frankfurts neuer Polizeipräsident Stefan Müller Klartext: „Dieses Verhalten ist völlig inakzeptabel und konterkariert alles, was die hessische Polizei hinsichtlich einer neuen Führungs- und Fehlerkultur aufgebaut hat“, erklärte Müller, der erst wenige Tage im Amt ist. Das „schnelle und konsequente Durchgreifen“ des neuen Präsidenten lobt auch der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, der zufällig ebenfalls Stefan Müller heißt. Er kritisiert die „erneut schlechte Informationspolitik“ von Innenminister Peter Beuth (CDU), die mehr Fragen offen lasse als beantworte. Oppositionspolitiker Müller hält deshalb schon bald eine Sondersitzung des Innenausschusses für erforderlich.

Einmal mehr führen Spuren ins 1. Revier der Frankfurter Polizei, das für die Kernstadt mit Banken- und Bahnhofsviertel, für Paulskirche, Dom und Römer zuständig ist. Hier nahm vor vier Jahren der Skandal um rechte Umtriebe in der hessischen Polizei ihren Anfang. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen rassistischer und sexistischer Morddrohungen gegen die NSU-Opferanwältin Seda Başay-Yıldız unter dem anonymen Absender „NSU 2.0“ waren die Fahnder auf den illegalen Abruf von persönlichen Daten der Rechtsanwältin gestoßen, der von einem Dienstcomputer im 1. Revier ausgegangen war.

Auch damals waren Dienst- und Privatwohnungen durchsucht und Handys und Computer beschlagnahmt worden. Bei deren Auswertung stießen die Fahnder auf Chatgruppen in der hessischen und später auch in der Polizei anderer Bundesländer, in denen rassistische, sexistische Posts ausgetauscht wurden, bis hin zu der Verherrlichung des Nationalsozialismus. Dutzende Beamte wurden suspendiert, gegen zahlreiche Beamte wird verhandelt oder laufen Anklagen.

Expertenkommission wurde eingesetzt

Auch der neue Fall geht wohl auf Chats eines Beamten aus dem Jahr 2018 zurück, in dem er strafbewehrte Symbole teilte. Warum der Mann erst jetzt auffiel, beantworten LKA und Staatsanwaltschaft nicht. Allerdings gibt die Stellungnahme des Frankfurter Polizeipräsidenten dazu einen Hinweis: In diesem Fall seien Vorgesetzte beteiligt, „die ihrer besonderen Verantwortung nicht gerecht wurden, sondern mutmaßlich auch noch ihre Funktion missbrauchten, um Fehlverhalten zu vertuschen beziehungsweise zu verschleiern“, erklärte Präsident Müller.

Das alles passiert vier Jahre nach den ersten Schlagzeilen über die rechten Umtriebe in der Frankfurter Polizei und ein Jahr nach der Auflösung des Sondereinsatzkommandos SEK, nachdem bis zu 20 Beamte wegen Chats mit volksverhetzenden Inhalten, kinderpornografischen Posts und Strafvereitlung aufgeflogen waren.

Wegen der „NSU 2.0“-Drohschreiben steht zwar seit dem 16. Februar Alexander Horst A. als mutmaßlicher Täter vor Gericht. Doch nach wie vor ist der Verdacht gegen einen Polizeibeamten des 1. Reviers nicht ausgeräumt, er könne zumindest für das erste Drohschreiben verantwortlich sein. Zu möglichen Verbindungen zwischen den neuen Vorgängen und dem Fall der „NSU 2.0“-Drohschreiben wollte die Staatsanwaltschaft am Montag auf taz-Nachfrage nichts erklären.

Innenminister Beuth hatte wegen der rechten Umtriebe in der hessischen Polizei eine Expertenkommission eingesetzt und versprochen, deren Empfehlungen umzusetzen. „Immer wieder hören wir das Märchen von einer neuen Fehler- und Führungskultur“, kommentierte die SPD-Innenpolitikerin Heike Hofmann die Nachricht vom Wochenende. „Dieses Märchen endet allerdings mit jedem Kapitel tragisch.“

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