Intervention in Libyen: Was nach den Luftangriffen kommt

Rebellen bewaffnen? Bodentruppen schicken? Die westlichen Alliierten wollen ihren Einsatz in Libyen ausdehnen. Aber sie sind sich nicht darüber einig, wie.

Rebellen mit einem Panzer der Armee. Bild: reuters

GENF taz | Sollen die libyschen Rebellen gegen das Gaddafi-Regime ganz offiziell aus dem Ausland mit Waffenlieferungen unterstützt werden? Offen befürwortet werden Waffenlieferungen bislang von Frankreich und den USA. Auf der Londoner Libyen-Konferenz am Dienstag hatte Frankreichs Außenminister Alain Juppé "Verhandlungen über eine Militärhilfe" für die Gaddafi-Gegner gefordert, trotz des umfassenden Waffenembargos gegen Libyen, das der UN-Sicherheitsrat am 26. Februar mit seiner Sanktionsresolution 1970 verhängt hatte.

Juppés US-Amtskollegin Hillary Clinton sieht darin kein Hindernis: "Nach unserer Interpretation hat die jüngste Resolution 1973 das totale Waffenembargo für Libyen aufgehoben", erklärte Clinton in London. Die Resolution 1973 vom 18. März erteilte das Mandat zur Anwendung militärischer Gewalt zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung. Es "könnte legale Waffenlieferungen geben, wenn sich ein Staat dafür entscheiden sollte", folgert Clinton.

Auch US-Präsident Barack Obama wollte in einem Fernsehinterview in der Nacht zum Mittwoch Waffenlieferungen ausdrücklich nicht ausschließen. Es würden aber "alle Optionen" geprüft, sagte er. Großbritannien ist da skeptischer, aber nach Auffassung der britischen Regierung lässt die UN-Resolution einen "sehr begrenzten Spielraum" für Waffenlieferungen.

Dieser Auffassung widersprachen Nato-Generalsekretär Fogh Rasmussen und mehrere Mitgliedstaaten der Militärallianz. "Unsere Aufgabe ist es, Menschen zu beschützen, nicht sie zu bewaffnen", betonte Rasmussen. Das italienische Außenministerium bezeichnete Waffenlieferungen als eine "umstrittene, extreme Maßnahme", die zu einer "Spaltung der internationalen Gemeinschaft" führen könne.

Norwegen schloss eine Bewaffnung der libyschen Rebellen aus. Russlands Außenminister Sergei Lawrow lehnte Waffenlieferungen entschieden ab, sprach sich zugleich aber erstmals für den Rücktritt Gaddafis aus. Es sei "klar, dass es eine andere, eine demokratische Führung geben muss", erklärte Lawrow.

Erinnerungen an Jugoslawienkrieg

Der Streit über offizielle Waffenlieferungen erinnert an den Krieg in der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowina in den Jahren 1992 bis 1995. Nachdem der Sicherheitsrat 1991 zunächst ein umfassendes Waffenembargo gegen ganz Jugoslawien verhängt hatte, forderten die USA und andere Staaten nach der Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas im April 1992 die Genehmigung offizieller Waffenlieferungen an den neuen Staat. Damit sollte der Abwehrkampf gegen die Milizen serbischer Nationalisten unterstützt werden.

Als diese Forderung im Sicherheitsrat scheiterte, lieferten die USA sowie Iran, Saudi-Arabien, Malaysia und andere islamische Staaten inoffiziell Waffen an die bosnischen Streitkräfte. Auch im Fall Libyen gibt es zahlreiche Berichte über inoffizielle Waffenlieferungen an die Rebellen über ägyptisches Territorium. Gaddafis Truppen erhalten ihrerseits Militärhilfe aus dem Tschad sowie aus Algerien.

Nicht nur über Militärhilfe für die Rebellen wird diskutiert. Der Nato-Oberkommandierende, Admiral James Stavridis, hat auch den Einsatz von Bodentruppen in Libyen nicht völlig und für alle Zeiten ausgeschlossen. Auf entsprechende Fragen von US-Senatoren erklärte Stavridis, er "würde nicht sagen, dass die Nato den Einsatz von Bodentruppen bereits erwägt". Allerdings "existiert die Möglichkeit eines Stabilisierungsregimes", erklärte der Admiral unter Verweis auf Bosnien und Kosovo in den 1990er Jahren.

Die Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrats schließt entgegen zahlreichen Medienberichten keineswegs einen zeitlich begrenzten Einsatz von Bodentruppen in Libyen aus. Ausgeschlossen sind lediglich "Besatzungstruppen".

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