Linkspartei-Schatzmeister über Spenden: „Politik darf nicht käuflich sein“

Die Linke ist die einzige Partei, die keine Spenden von Unternehmen erhält. Ihr Schatzmeister Raju Sharma ist sich sicher, dass alle Parteien darauf verzichten könnten.

Raju Sharma: „Politik darf nicht käuflich sein.“ Bild: Imago / Jens Schicke

taz: Herr Sharma, warum will die Linke Spenden von Unternehmen verbieten? Liegt es daran, dass Sie als einzige Partei nichts von denen bekommen?

Raju Sharma: Das macht uns zumindest freier, diese Forderung zu erheben. Wir können das selbst recht problemlos umsetzen. Unsere Ansicht ist, dass ein Firmenchef bei einer Spende eigentlich eine Gegenleistung erwarten muss, wenn er der Firma gegenüber nicht untreu sein will.

Warum?

Er kann das Geld nicht einfach verschwenden. Diese Gegenleistung von einer Partei kann nur so aussehen, dass sie Forderungen erhebt, die den Interessen des Unternehmens dienen. Die FDP bekommt eine Millionenspende von einem Unternehmer, der im Hotelgewerbe aktiv ist, und prompt wird die Mehrwertsteuer für die Hotellerie auf 7 Prozent gesenkt. Selbst wenn man diese Verknüpfung nicht nachweisen kann, entsteht der Eindruck, dass Politik käuflich geworden ist.

Wenn man Unternehmensspenden verbieten würde, könnten die Firmenchefs das Geld einfach privat überweisen.

Das Geld müsste man als natürliche Person erst mal besitzen. Wir wollen ja auch die Spenden von Privatpersonen auf 25.000 Euro pro Jahr begrenzen, um sicherzustellen, dass der Einfluss nicht zu stark ist.

49, ist Bundesschatzmeister der Linkspartei, religionspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion und Mitglied im Rechtsausschuss. 2005 trat er aus der SPD aus, weil er die deutsche Beteiligung an Kriegseinsätzen ablehnt.

Das könnte man wiederum umgehen: Man hat beim Glücksspielriesen Gauselmann gesehen, dass einfach mehrere Personen des Unternehmens spenden können.

Theoretisch könnte man das machen. Der Chef müsste seinen Mitarbeitern dann aber rund 50.000 Euro als Gehalt zahlen, damit diese überhaupt netto 25.000 Euro spenden könnten. Denn die müssten das Geld voll versteuern. Ob die Mitarbeiter da mitmachen, steht noch auf einem anderen Blatt. In dem Moment, wo das veröffentlicht wird, macht man sich hochgradig angreifbar.

Was ist, wenn die Linkspartei jetzt mehr als 25.000 Euro überwiesen bekommt? Nehmen Sie das dann nicht an?

Wir nehmen nur Unternehmensspenden nicht an, egal wie viel das ist.

Sie könnten aber als Vorbild vorangehen und sagen: Wir wollen das deckeln, und deswegen lehnen wir Spenden ab, die darüberliegen.

Das könnten wir machen. Wenn ich mir unseren letzten Rechenschaftsbericht ansehe, dann waren das vielleicht ein oder zwei, die mehr gespendet haben. Wenn jemand in der Lage ist, uns 25.000 Euro zu zahlen, dann freue ich mich wirklich sehr. Wir haben das noch nicht offensiv durchgesetzt, aber es bestand auch keine Notwendigkeit.

Im Jahr 2010 gab es für die Linkspartei eine Spende über 175.000 Euro, von Friedhelm Holz.

Weil er Gregor Gysi so toll fand. Das stimmt.

Da hätten Sie doch sagen können, das ist zu viel. Das wäre glaubwürdiger.

Das war eine einmalige Ausnahme. Ich rechne nicht damit, dass wir das noch mal bekommen. Trotzdem: Unser Ziel ist es, zu vermeiden, dass Unternehmen politischen Einfluss nehmen. Politik darf nicht käuflich sein. Und wir wollen die Einflussmöglichkeiten von Privatpersonen begrenzen, weil es nicht angehen kann, dass sich einzelne Menschen die Politik einer Partei zusammenkaufen.

Aber Sie werden nie eine Mehrheit von dem Verbot überzeugen können.

Bisher standen wir beim Verbot von Unternehmensspenden alleine da. Aber jetzt ist Bewegung in die Diskussion gekommen – die Grünen fordern das nun auch. Und die Schatzmeisterin der SPD hat gesagt, dass die Spenden von Unternehmen bei ihrer Partei nur einen kleinen Anteil ausmachen. Der nächste Schritt wäre aus meiner Sicht, vollständig darauf zu verzichten. Wenn sich jetzt noch die SPD bewegte, würden wir sicher auch eine gemeinsame Regel finden.

Die Rau-Kommission hatte 2001 beschlossen, dass Spenden nicht begrenzt werden sollen. Eine Begründung: Man müsse für Chancengleichheit sorgen. Es gebe nun mal Parteien, die Unternehmen näher stünden als andere, und sie sollten auch unterstützt werden dürfen.

Chancengleichheit hat man doch schon bei den Mitgliedern. Es ist offensichtlich, dass die CDU sehr hohe Spenden von Unternehmen bekommt, aber einen unglaublich niedrigen Mitgliedsbeitrag verlangt. Klar, dass denen anderswo Geld fehlt. Ich sehe ja, was es kostet, so einen Parteiapparat aufrechtzuerhalten. Wir können das nur leisten, weil unsere Mitglieder einen ordentlichen Beitrag zahlen.

Was heißt ordentlich?

Sie zahlen im Monat durchschnittlich 12 Euro. In den Landesverbänden Berlin und Brandenburg werden im Durchschnitt sogar 18 Euro gezahlt. Damit fangen wir auch auf, dass in manchen Verbänden in den alten Bundesländern nur Durchschnittsbeiträge in Höhe von 5 oder 6 Euro gezahlt werden. Ich schätze, wenn die CSU die gleichen Beiträge erheben würde wie wir, bräuchten die gar keine Unternehmensspenden mehr. Ich bin mir sicher, dass deren Mitglieder nicht weniger verdienen als unsere.

Wie kommt das, dass in den Westverbänden die Beiträge niedriger sind? Verkehrte Welt.

Die Zahlungsmoral bei den Beiträgen ist im Osten traditionell besser, vor allem unter den Älteren. Die Mitglieder im Westen leben oft in prekären Verhältnissen. Das ist wirklich verkehrte Welt. Die Beiträge sind nach Einkommen gestaffelt, aber jeder stuft sich selbst ein. In der Regel geht es um 4 Prozent des Nettoeinkommens. Aber wir prüfen das nicht. Der Mindestbeitrag liegt bei 1,50 Euro.

Derzeit haben Sie 70.000 Mitglieder, und es werden weniger. Das muss sich doch stark auf die Finanzen auswirken.

Ja, das macht sich bemerkbar. Ein- und Austritte halten sich in etwa die Waage. Aber wir können es nicht kompensieren, wenn uns Mitglieder durch Todesfälle verloren gehen. Im vergangenen halben Jahr haben wir eine Mitgliederbereinigungsaktion durchgeführt. Wir haben Mitglieder aus der Datei gestrichen, die lange keinen Beitrag zahlten. Sie werden erst mal angeschrieben. Wenn länger nichts passiert, dann wird der Austritt festgestellt. Dadurch haben wir 4.000 Mitglieder verloren.

Langfristig wird der Rückgang zu einem Einbruch der Parteifinanzen führen. Was wollen Sie dagegen tun?

Wir müssen unsere Mitgliedsbeiträge anpassen, in den Verbänden in Rheinland-Pfalz oder im Saarland, wo wir einen durchschnittlichen Beitrag von 5 oder 6 Euro bekommen. Dort müssen wir auf 10 Euro erhöhen, damit sich die Verbände selbst finanzieren können.

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