Verpresstes Gas: Zahnloses Gesetz

Niedersachsens Entwurf eines Kohlendioxid-Speichergesetzes hat den Landtag passiert. Er hat allerdings entscheidende Lücken.

Auch ein CO2-Endlager will niemand in seinem Garten. Foto: (dpa)

Niedersachsens rot-grüne Landesregierung hat ihr Nein zur umstrittenen unterirdischen Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid in ein Landesgesetz gegossen. Der entsprechende Entwurf des „Niedersächsischen Kohlendioxid- Speicherungsgesetzes (NKSpG)“ ist am Dienstag vom Landtag angenommen worden.

Damit kommt das Land spät: Denn das Bundesgesetz zur so genannten CCS-Technologie, also der unterirdischen CO2-Verpressung, sieht ein Vetorecht der Länder gegen CCS auf deren Hoheitsgebieten vor – und das wurde 2012 verabschiedet. Während Schleswig-Holstein umgehend von der Länderklausel Gebrauch machte und ankündigte, die CO2-Einlagerung zu verbieten, beschloss die damalige schwarzgelbe Regierung Niedersachsens erst mal ein dreijähriges Moratorium. In den beiden Nordländern liegen die meisten der 408 potenziellen CO2-Speicherstätten.

In den Speicherstätten soll beim „Carbon Capture and Storage“ (CCS) Kohlendioxid, das in Kohlekraftwerken anfällt, verpresst und – eingeschlossen und von der Atmosphäre getrennt – dann verbleiben. Umweltorganisationen wie der BUND halten die CCS-Technologie für ein Feigenblatt der Stromkonzerne, um den Bau weiterer fossiler Kraftwerke zu rechtfertigen.

Mehrere Bürgerinitiativen kritisieren, dass niemand wisse, ob das Kohlendioxid wieder austreten könne. Außerdem steigt laut einer an der kalifornischen Stanford University durchgeführten Studie die Gefahr von Erdbeben durch die CO2-Verpressung – ähnlich wie beim ebenso umstrittenen Fracking.

Der unter Federführung des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums entwickelte Gesetzesentwurf listet nun akribisch sämtliche Landkreise, kreisfreien Städte, Regionen und Gebirge auf, in denen „eine Erprobung und Demonstration der dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid“ sowie „eine Errichtung von Forschungsspeichern“ unzulässig ist.

Als Begründung nennt das Gesetz, „dass die Speicherung von CO2 dort anderen Interessen gegenüber als nachrangig einzuordnen ist“, zu denen alternative Nutzungsoptionen, geologische Besonderheiten und öffentliche Interessen wie Grundwasser-, Natur- und Artenschutz sowie touristische Belange zählen.

„Das Bundesgesetz schreibt beim Vetorecht die Nennung der Gebiete vor – in der Summe handelt es sich dabei aber um ganz Niedersachsen“, sagt dazu Stefan Wittke, Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Ausgenommen hiervon ist allerdings das niedersächsische Gebiet außerhalb der 12-Seemeilen-Zone, „denn dafür hat das Land keine Gesetzgebungskompetenz“.

Genau hier liegt aber die größte Gefahr: Während Kraftwerks-Betreiber von der Forschung an der CO2-Verpressung in den Boden ohnehin mittlerweile weitestgehend absehen, weil schlichtweg die Akzeptanz dafür fehlt, liebäugeln sie verstärkt mit der Speicherung unter der Nordsee. Das „Informationszentrum Klima“ (IZ Klima), ein Verein fossiler Kraftwerksbetreiber, hat dazu im vergangenen September eine Studie vorgestellt. Mit der Speicherung unter der Nordsee, heißt es dort, könne Deutschland sein Emissionsziel für 2050, nämlich den Ausstoß von Kohlendioxid bis zur Jahrhunderthälfte um 80 Prozent zu senken, erreichen – allein mit erneuerbaren Energien sei das nicht möglich.

Niedersachsen müsse, sagt Wittke, an der Entscheidung für eine CO2-Verpressung auch außerhalb der 12-Seemeilen-Zone beteiligt werden, sofern es sich um Landesgebiet handele: „Und aufgrund der Druckerhöhung der Untergrundschichten durch das Verpressen des Gases würden wir uns natürlich dagegen aussprechen.“ Mehr freilich könne auf Länderebene nicht getan werden.

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