Ungewisse Zukunft für alte Schiffe: Nicht authentisch genug

Der Museumshafen-Verband befürchtet, dass viele Traditionsschiffe bald nicht mehr fahren können. Der Grund: zu strenge Auflagen der Berufsgenossenschaft

Museumsschiff: Bald nur noch im Hafen? Bild: dpa

HAMBURG taz | Für manche sind sie maritime Kulturgüter, für andere Küstenkitsch: Alte Segler oder Dampfer in Norddeutschlands Häfen. Oft werden diese Traditionsschiffe von Vereinen aufgearbeitet, betrieben und in Stand gehalten. Bei vielen können Gäste mitfahren, so kommt ein Teil der Kosten für die Vereine wieder rein. Damit könnte es vielerorts bald vorbei sein, befürchtet die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Museumshäfen.

Wer auf einem Schiff Passagiere gegen Geld mitnehmen will, muss normalerweise strenge Sicherheitsauflagen erfüllen: Das Personal muss Fachausbildungen haben – das Schiff muss so gebaut sein, dass es bei einem Leck nicht so leicht umkippt oder untergeht und sich bei einem Brand das Feuer nicht so schnell verbreiten kann. Das sind Bedingungen, die viele alte Schiffe nicht erfüllen können.

Deshalb können für sie Ausnahmen gelten. Bedingung: Die Schiffe müssen historisch sein und nicht Gewinn orientiert betrieben sein. Was das praktisch bedeutet, bestimmt die Berufsgenossenschaft Verkehr. Sie entscheidet, welches Schiff historisch ist und welches nicht – und dann die normalen Regeln erfüllen muss. Das entsprechende Zeugnis müssen die Schiffseigner alle fünf Jahre erneuern.

Die meisten Traditionsschiffe liegen in den Museumshäfen. Im Norden unter anderem hier:

Schleswig-Holstein: Flensburg, Probstei (Ostholstein), Büsum, Lübeck, Kappeln, Kiel.

Niedersachsen: Carolinensiel, Leer, Emden.

Hamburg: Museumshafen Oevelgönne, Sandtorhafen (Hafen City) und Hafenmuseum (Kleiner Grasbrook).

Land Bremen: Gildehaven Bremerhaven, Museumshafen Vegesack.

Und da ist aus der Sicht des Verbands das Problem: „Den Schiffen wird zunehmend die Zulassung als Traditionsschiff mit der Begründung versagt, dass sie nicht mehr dem historischen Originalzustand entsprächen“, sagt Volker Pesch, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Museumshäfen. Dabei sei doch Geschichte kein Zustand, sondern ein Prozess. Er habe den Eindruck, dass man mit immer neuen bürokratischen Hürden versuche, die Traditionsschiffe abzuschaffen.

Deshalb trifft er sich am Mittwoch im Berliner Verkehrsministerium mit der Seeberufsgenossenschaft. Er will eine andere Interpretation des Begriffs „historisch“ durchsetzen. Denn: Im Moment wird die Sicherheitsrichtlinie überarbeitet, in der auch die Auflagen für Traditionsschiffe festgelegt werden.

Kai Krüger ist Justiziar bei der Berufsgenossenschaft Verkehr. Er sagt: Sein Haus wolle den Ball flach halten. Allerdings halte man sich bei der Auslegung des Begriffs „historisch“ an die Kriterien, die das Oberverwaltungsgericht Hamburg im Oktober 2009 in einem Urteil aufgestellt habe. Danach müsse ein Traditionsschiff „authentisch abbilden“, wie es in seiner aktiven Zeit aussah. Oft würden Schiffe massiv umgebaut. Was er nicht sagt: Das Urteil bestätigt eine Entscheidung seines Hauses – ein Schiffseigner wollte gerichtlich die Anerkennung als Traditionsschiff erzwingen.

Eine Ablehnung würde aber nicht bedeuten, dass die Schiffe partout keine Fahrgäste mitnehmen dürften, sagt Krüger. Für Schiffe mit weniger als 12 Fahrgästen würden einfachere Regeln gelten, manche Betreiber von einem alten Schiff haben sich schon auf diese Beschränkung eingelassen.

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