Thailands Ex-Premier aus dem Exil zurück: Die Kunst politischer Deals

Der weggeputschte Ex-Regierungschef Thaksin Shinawatra dürfte nur kurz eine Haftstrafe absitzen. Seine Partei könnte heute die Regierung übernehmen.

Thaksin Shinawatra wird von Anhängern bei seiner Rückkehr auf dem Flughafen begrüßt.

Thaksin Shinawatra wird von Anhängern bei seiner Rückkehr auf dem Flughafen begrüßt Foto: Wason Wanicharkon/ap

KUALA LUMPUR taz | Nach 15 Jahren im Exil in Dubai ist Ex-Premierminister Thaksin Shinawatra zurück in Thailand. Gegen neun Uhr Ortszeit landete Thaksins Privatjet am Dienstagmorgen auf dem Don-Muang-Flughafen in Bangkok. Hunderte Anhänger seiner „Rothemden“-Bewegung begrüßten ihr Idol mit Beifall und Gesang.

Thaksin lächelte gut gelaunt, kniete vor einem Porträt von König Maha Vajiralongkorn nieder, begrüßte mit Wais, dem Thaigruss mit zusammengefalteten Händen, Mitglieder seiner Familie, Granden seiner Partei Pheu Thai und die Polizei.

Die Beamten waren zum Schutz von Thaksin, einem Ex-Polizisten, abkommandiert, aber auch zu seiner Festnahme. Der milliardenschwere IT-Unternehmer war in Abwesenheit wegen Korruption, Machtmissbrauchs sowie der Missachtung der Monarchie zu insgesamt zwölf Jahren Haft verurteilt worden, von denen zwei Jahre inzwischen nicht mehr vollstreckbar sind.

Der Zeitpunkt von Thaksins Rückkehr kam nicht von ungefähr. An diesem Dienstag Nachmittag könnte sein Parteifreund Srettha Thavisin vom Parlament zum 30. Premierminister des Königreichs gewählt werden. Vorausgesetzt, der alles entscheidende Senat hat keine Einwände gegen den Kandidaten der Pheu Thai.

Thaksins Partei einigt sich mit seinen früheren Gegnern

Die Thaksin-Partei war bei der Wahl im Mai zwar nur zweite Kraft geworden, aber nach der Blockade der Wahl von Pita Limjaroenrat von der siegreichen Reformpartei Move Forward zum Premier durch den von der Elite und dem Militär ernannten Senat hat Pheu Thai jetzt die Chance zur Regierungsbildung.

Dafür hat Pheu Thai ein Bündnis mit zehn anderen Parteien zusammengeschustert, dem auch die beiden Militärparteien jener Generäle angehören, die 2006 Thaksin und 2014 seine Schwester Premierministerin Yingluck Shinawatra stürzten.

Niemand sagt es in Thailand ganz offen, aber Thaksins Rückkehr wird als Teil eines Deals mit der royalistisch-militärischen Elite zur Etablierung einer konservativen Regierung unter der Führung von Pheu Thai gesehen.

Der Populist Thaksin ist ein erfolgreicher und polarisierender Politiker. Er ging nicht nur als erster Premierminister in die Geschichte Thailands ein, der eine ganze Amtszeit überstand, sondern auch noch wiedergewählt (2005) wurde.

Der royalistischen Elite ist der Aufsteiger Thaksin suspekt

Die mehrfach zwangsaufgelösten und unter neuen Namen wiedergeborenen Parteien des heute 74-jährigen hatten seit 2001 trotz militärischer Putsche bis 2019 wegen der anhalten Popularität Thaksins jede Wahl gewonnen. Er war auch im Exil eine feste Größe in Thailands Politik geblieben.

Die Menschen in den Hochburgen der „Rothemden“ im ländlichen Norden und Nordosten Thailands lieben Thaksin und seine populistische Politik, was ihm den Hass und die Verachtung des elitären konservativen Establishments einbrachte.

Thaksin galt als korrupt (was man über so ziemlich jeden Politiker in Thailand sagen kann), wegen seiner Beliebtheit als Konkurrent des Königs und damit als Gefahr für die hierarchische Gesellschaftsordnung. Bei Menschenrechtlern ist zudem Thaksins „Krieg gegen Drogen“ in schlechter Erinnerung, in dem mehr als 2.800 angebliche Drogenkriminelle von der Polizei erschossen wurden.

Thaksins Zukunft liegt auch in der Hand des Königs

Ob Thaksin seine zehn Jahre im Gefängnis tatsächlich absitzen muss, wird weithin angezweifelt. Er hatte schon mehrfach seine Rückkehr angekündigt, diese aber immer wieder verschobenen. Deshalb wird jetzt vermutet, dass bestimmte Zusicherungen bekommen haben dürfte.

Zum einen könnte Thaksin, so die Spekulationen, recht bald in einen Hausarrest überstellt werden. In Thailand können zudem Verurteilte, die älter als 70 Jahre sind, eine Begnadigung durch den König beantragen.

Wie es der Zufall will, soll laut der Bangkok Post heute auch das Urteil im Prozess gegen Suthep Thaugsuban gefällt werden. Suthep war 2013/14 der radikale Wortführer der „Gelbhemden“, der royalistisch-militaristischen Gegenbewegung zu Thaksins „Rothemden“, die letztlich in dem Putsch gegen Yingluck gipfelte.

Eine Begnadigung Thaksin wäre der Präzedenzfall für eine Begnadigung für Suthep.

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