Spielfilm „Willie and Me“: Dem Countrystar sein Schuhplattler

Eva Hassmanns „Willie and Me“ wurde nur möglich, weil Willie Nelson selbst mitspielt. Am Mittwoch eröffnet der Spielfilm das Oldenburger Filmfest.

Eva Hassmann und Willie Nelson fahren in einem alten Auto durch die Wüste.

Gutes Gespür für Situationskomik: Eva Hassmann und Willie Nelson als geheimnisvoller Wüstenbewohner Foto: Filmfest Oldenburg

Willie Nelson tanzt einen Schuhplattler – ein Film mit solch einer Szene kann nicht ganz schlecht sein! „Willie and Me“ wäre zwar ganz sicher zu keinem anderen renommierten Filmfestival als Eröffnungsfilm eingeladen worden. Aber es ist ja gerade eine Qualität des Filmfestes in Oldenburg, dass dort die schrägen, im wahren Sinn des Wortes unabhängigen Filmproduktionen eine Chance bekommen.

Und für Oldenburg passt der Film auch ideal: Regisseurin, Drehbuchautorin, Produzentin und Hauptdarstellerin des Films Eva Hassmann hat ihre Karriere dort als Schauspielerin am Staatstheater begonnen. Bekannt wurde sie durch ihre Ehe mit Otto Waalkes. Inzwischen lebt und arbeitet sie in Los Angeles.

„Willie and Me“ ist denn auch eine US-amerikanische Filmproduktion – mit autobiografischen Bezügen, denn auch die Protagonistin des Films ist eine Deutsche, die in die USA geht: Greta Weingarten ist eine sehr dem Klischee entsprechende Hausfrau, die seit ihrer Kindheit den Countrysänger Willie Nelson anbetet. Als die Kunde von dessen allerletztem Konzertauftritt in Las Vegas die Runde macht, gibt es für sie kein Halten mehr. Greta verkauft den Porsche ihres Ehemanns, steckt in der Eile schnell noch unabsichtlich ihr Vorstadteigenheim in Brand und fliegt nach Los Angeles.

Dort wird ihr in Rekordzeit ihr Geld gestohlen und sie strandet in einem heruntergekommenen Hotel. Ihren Anschlussflug hat sie selbstverständlich auch verpasst. Ausgerechnet ein Elvis-Imitator wird ihr rettender Engel, und mit seiner Hilfe beginnt sie eine abenteuerliche Reise durch die Wüste von Kalifornien nach Nevada.

„Willie and Me“, Regie: Eva Hassmann, mit Eva Hassmann, Willie Nelson, Peter Bogdanovich und anderen, USA/Deutschland 2022, 88 Minuten

Referenzfilme sind hier eindeutig „Out Of Rosenheim“ von Percy Adlon und „Mystery Train“ von Jim Jarmusch: im Ersteren ist eine deutsche Hausfrau „Fish out of the Water“ in der Wüste des amerikanischen Westens. Jarmuschs Film ist Referenz, weil da Nicht-Amerikaner*innen zu den Popikonen Amerikas pilgern.

Bei Jarmusch spielt zudem ebenfalls die Rezeption eines billigen Hotels eine große Rolle, denn dort regiert bei ihm Screamin’ Jay Hawkins als ein sehr komischer Nachtportier.

Eva Hassmann ist in „Willie and Me“ ein ähnlich spektakulärer Besetzungscoup gelungen. Bei ihr steht der Regisseur und Filmhistoriker Peter Bogdanovich hinter dem Hotelcounter. Er starb Anfang 2022 und dies war sein letzter Filmauftritt. Als Hotelangestellter, den nichts mehr überraschen und aus der Ruhe bringen kann, spielt er im Grunde noch einmal sich selbst als einen altgedienten Profi – ähnlich wie den Psychoanalytiker in „The Sopranos“ – ein angemessener Abgang.

Aber Hassmanns Film gibt es nur, weil Willie Nelson darin mitspielt. Und zwar gleich in einer Doppelrolle: als der Countrystar bei seinem vermeintlich letzten Konzert und als geheimnisvoller, unter einer Kutte verborgener Wüstenbewohner, der ganz in Schwarz gekleidet Gretas rettender Engel wird.

Viel mehr als ein oder zwei Drehtage wird der Weltstar nicht gehabt haben, aber die Aufnahmen mit ihm geben dem Film ein spektakuläres Finale – bei dem Willie Nelson sehr komisch an den vielen Buchstaben in deutschen Nachnamen scheitert und, wie schon erwähnt, einen Schuhplatter zum Besten gibt.

Am besten funktioniert „Willie and Me“ dabei als Roadmovie: Eva Hassmann ist immer dann gut, wenn sie als die unbeholfene Deutsche mit schwerem Akzent und viel naiver Ahnungslosigkeit in absurde Situationen stolpert. So wird sie zum Opfer einer frommen Kleinfamilie von Autodieben und trifft eine in einem Rollstuhl tanzende Bardame.

Hier zeigt Hassmann, die im Jahr 2006 als die Regisseurin des Kurzfilms „Mad Lane“ auf viele internationale Filmfestivals eingeladen wurde, dass sie mit einem guten Gespür für Situationskomik inszenieren kann. Als Musikfilm ist „Willie and Me“ dagegen mit ein paar kurzen Konzertausschnitten und immerhin vielen von Nelsons Songs im Soundtrack eher enttäuschend.

Der Film ist in den USA und für ein US-amerikanisches Publikum produziert worden. Ausgerechnet bei den in der deutschen Sprache gedrehten Sequenzen gibt es deshalb ein paar Patzer, die einem deutschen Publikum sofort auffallen werden. Eva Hassmann hat mit deutschen Schau­spie­le­r*in­nen gedreht, die etwa Greta Weingartens Ehemann, ihre Mutter sowie ein Paar bayrische Polizisten spielen. Doch für eine kleine Rolle war offensichtlich kein native speaker mehr in Hollywood zu finden. So gibt es eine Sequenz, in der ein vermeintlich Deutscher mit ein paar offensichtlich phonetisch auswendig gelernten Dialogsätzen ringt.

30. Filmfest Oldenburg: Mi, 13. 9., bis So, 17. 9.; Infos und Programm: www.filmfest-oldenburg.de

Doch dies dürfte bei der Weltpremiere am Mittwochabend in Oldenburg eher für Lacher als Irritationen sorgen. Für Eva Hassmann wird es ohnehin ein Heimspiel werden: Die Eröffnungsgala des Oldenburger Filmfest ist eher ein gesellschaftlicher Anlass als ein cineastisches Ereignis und die Prominentendichte auf dem roten Teppich ist da wichtiger als die Qualität des Films.

Doch manchmal klappt es auf beiden Ebenen. So war etwa 2012 Jan-Ole Gersters „Oh Boy“ der Eröffnungsfilm in Oldenburg und dort bekam er auch die ersten beiden von vielen Filmpreisen.

„Willie and Me“ hat als Komödie, die gute Laune verbreitet, das Potenzial dazu, ebenfalls ein Lieblingsfilm des Festivals zu werden. Die Chancen, dass neben der verlorenen Tochter Oldenburgs Eva Hassmann auch Willie Nelson kommt, sind allerdings gering.

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