Präsidentenwahl in Usbekistan: Durchmarsch für Mirziyoyew

Bei der Präsidentenwahl in Usbekistan holt der Amtsinhaber über 87 Prozent der Stimmen. Oppositionelle Kan­di­da­t*in­nen durften nicht antreten.

Schawkat Mirzijojew, Präsident von Usbekistan, gibt in einem Wahllokal seinen Stimmzettel ab und schaut staatstragend in die Kamera

Der usbekische Präsident hat die Wiederwahl geschafft Foto: Uzbekistan's Presidential Press/dpa

BERLIN taz | Usbekistans alter Staatschef ist auch der neue: Bei der vorgezogenen Präsidentenwahl am vergangenen Sonntag kam Shavkat Mirziyoyew ersten Ergebnissen zufolge auf 87,5 Prozent der Stimmen – gegenüber 2021 eine Steigerung um rund sieben Prozent. Seine drei Her­aus­for­de­r*in­nen, allesamt regimenah, landeten alle bei rund vier Prozent. Laut Angaben der zentralen Wahlkommission vom Montag lag die Wahlbeteiligung bei knapp 80 Prozent.

Im vergangenen April hatte eine deutliche Mehrheit der Us­be­k*in­nen bei einem Referendum für weitreichende Änderungen der Verfassung gestimmt. Davon betroffen ist auch die Amtszeit des Präsidenten. Diese beträgt jetzt sieben Jahre mit der Möglichkeit, sich ein zweites Mal zur Wahl zu stellen. Im Falle von Mirziyoyew bedeutet das, dass er noch bis 2037 an der Macht bleiben könnte.

2016 war der heute 65-Jährige seinem langjährigen autokratischen Amtsvorgänger Islam Karimow nach dessen Tod ins höchste Staatsamt nachgefolgt. Mit diesem Wechsel verbunden waren Hoffnungen auf eine Liberalisierung des bis dahin international weitgehend isolierten bevölkerungsreichsten Staates in Zentralasien.

Doch gemessen an diesen Erwartungen fällt die Bilanz durchwachsen aus. Zwar öffnete Mirziyoyew das Land und brachte einige Reformen auf den Weg. So verzeichnete die Weltbank für 2022 ein stabiles Wachstum von 5,7 Prozent, auch rechnen Wirt­schaft­sex­per­t*in­nen mit weiter steigenden Investitionen.

Hoher Inflationswert seit drei Jahren

Dennoch spricht das britische Beratungsunternehmen Economist Intelligence Unit (EIU) von strukturellen Standortnachteilen in Form von Korruption und massiven staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft. Nicht zuletzt als Folge von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine stieg die Inflation 2022 auf 12,25 Prozent – der höchste Wert seit drei Jahren. Vor allem in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sind kaum Fortschritte festzustellen.

So gab es bei der Präsidentschaftswahl keine wirkliche Alternative. Der einzige unabhängige Kandidat wurde nicht zugelassen. Unabhängige Medien stehen unter wachsendem Druck. Derzeit werden immer häufiger Blog­ge­r*in­nen zum Ziel von Einschüchterung und strafrechtlicher Verfolgung. Die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen führt Usbekistan auf ihrem diesjährigen Index zur Pressefreiheit auf Rang 137 von 180 Ländern.

Auch die Nachwehen der Unruhen in der autonomen west­usbekischen Republik Karakalpakstan, bei denen im Juli 2022 nach offiziellen Angaben 21 Menschen getötet wurden, sind noch spürbar. Bis jetzt wurde kein Angehöriger der an den Zusammenstößen beteiligten Sicherheitskräfte zur Verantwortung gezogen.

Der Politikwissenschaftler Rafael Sattarow kommt zu dem Schluss, dass Mirziyoyew allenfalls die Fassade renoviert habe. Die Elite sowie die Methoden der Arbeit seien dieselben geblieben. In Usbekistan sei ein neofeudales System entstanden. „In einem solchen Umfeld nimmt die Ungleichheit in der Gesellschaft zu. Wir haben es mit einem dynastischen System zu tun“, zitiert ihn der russischsprachige Dienst der BBC. „Schritte in Richtung einer Demokratisierung haben nicht stattgefunden. Derzeit ist eine Oligarchisierung im Gange, die Beamten selbst sind zu Oligarchen geworden.“

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