Pechsteins letzter Lauf in Sotschi: Die Nullnummer

Sie wollte nach ihrer Dopingaffäre endlich gewinnen. Dann wird Claudia Pechstein nur Fünfte – und staunt dennoch angesichts ihres Alters über die gute Zeit.

Schnell, aber nicht schnell genug: Claudia Pechstein. Bild: dpa

Dieses Mal gab es keine Tränen wie nach dem Rennen über 3.000 Meter, das sie als vierte beendet hatte. Hat Claudia Pechstein endlich verstanden, dass es gar nicht so schlecht ist, wenn man als 41-jährige Frau noch Zeiten laufen kann, die die Jüngeren im Team nicht erreichen?

Unter sieben Minuten ist sie in einem hochklassigen Wettbewerb über die 5.000 Meter-Distanz gelaufen. 6:58.39 Minuten benötigte sie und wurde Fünfte. „Das hätte ich mir gar nicht zugetraut“, sagte sie hinterher. Und endlich schien er weg zu sein, dieser krankhafte Ehrgeiz, der dazu geführt hatte, dass die Eisveteranin zuvor einen vierten Platz als Niederlage bezeichnen musste und am liebsten mit niemandem gesprochen hätte. Kann man ihr das wirklich glauben? „Die Alte muss es wieder richten“, sagte sie und war stolz, dass keine Deutsche schneller war als sie.

Olympiasiegerin ist Martina Sablikova aus der Tschechischen Republik geworden, die Frau, die Pechstein gerne als ihre Freundin bezeichnet. Sie gewann vor zwei Niederländerinnen, Ireen Wüst und Carien Kleibeuker. Ob sie sich freue, wurde Pechstein gefragt, dass Sablikova gewonnen hat. „Es ist natürlich toll, dass die Niederländerinnen geschlagen wurden“, lautete die Antwort. Warme Worte für die Freundin konnte sie nicht finden.

Und als ihr Freund Matthias Große, der sich wie ein Security-Mann hinter seiner Partnerin in der Mixed Zone aufgebaut hatte, das Wort ergreift, wird es noch ein wenig kälter in den Katakomben der Adler-Arena. „Wenn wir uns anschauen, was diese Woche los war, dann können wir froh sein, dass wir nicht 15. geworden sind“, sagte er – wohl in Anspielung auf die Auseinandersetzungen im Team, die die olympischen Auftritte der der deutschen Eisschnellläuferinnen begleitet hat. Wir? Um an dieser Stelle Missverständnissen vorzubeugen: Pechstein ist allein ihr Rennen gelaufen. Große stand, wie man ihn kennt, an der Bande zum Eisoval und feuerte seine Freundin an. Noch einmal hat er den Kämpfer gegeben.

Kampf um Rehabilitierung

Die Tage von Sotschi waren geprägt von Pechsteins Kampf um Rehabilitierung nach ihrer Dopingsperre, zu der sie wegen eines auffälligen Blutwertes verdonnert worden war. Dass sie den nicht nur mit sportlichen Mitteln führt, darüber ist oft geschrieben worden. Und auch in diesen Tagen von Sotschi fragten sich einmal mehr nicht wenige Beobachter, warum es eine 41 Jahre alte Athletin nötig hat, eine jüngere Sportlerin aus dem eigenen Team, die labile Stephanie Beckert, derart unter Druck zu setzen, dass diese daran regelrecht zerbricht.

Eine, die sich das gefragt hat, ist die ehemalige Spitzenskaterin Anni Friesinger-Postma, die von Deutschland aus von „Mobbing“ sprach, was Gerd Heinze der Chef der Deutschen Eisschnelllauf-Gesellschaft DESG umgehend zurückgewiesen hat. Am Ende verordnete DOSB-Präsident Alfons Hörmann höchstpersönlich einen Burgfrieden, dessen Wahrung den beiden Rivalinnen am Wettkampftag nicht allzu schwer gefallen ist. Die 25-Jährige Beckert, am Ende Achte, startete vor der Eispause, Pechstein danach.

Und jetzt? Hat sie jetzt endlich ihren Frieden gefunden? Wie geht es weiter? Das weiß Pechstein noch nicht so genau. Auf jeden Fall beendet sie ihre Karriere nicht. „Oder wollt ihr das?“, fragt sie in die Journalistenrunde. „Seit acht Jahren werde ich von euch gefragt, wann ich jetzt endlich meine Karriere beende.“ So richtig nett will sie nicht sein. „Dann sehen wir uns in vier Jahren in Pyeongchang wieder“, sagte Große dann noch. Pechstein-Große bleiben nun erst einmal noch ein paar Tage in Sotschi. Sie wollen in der Olympiastadt den Geburtstag der Alten feiern. Am Samstag wird sie 42.

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