Massenhaltung bei Wiesengold: Federlos, eitrig, wund

Aus einem Stall von Deutschlands größtem Ökoeier-Vermarkter Wiesengold ist ein neues Skandalvideo aufgetaucht. Auch konventionelle Freilandhennen leiden.

Auf der Wiesengold-Biofarm im niedersächsischen Twistringen sind die Freilandhennen nicht frei. Es fehlt an Auslaufflächen. Bild: ap

BERLIN taz | Verbraucher können sich bei vielen Bio- und Freilandeiern nicht sicher sein, dass die Legehennen artgerecht gehalten werden. Die Tierrechtsorganisation Peta hat Videos in einem Stall des größten deutschen Ökoeiervermarkters Wiesengold und im konventionellen Großbetrieb Richard Hennenberg aufgenommen, die zahlreiche Hühner in einem sehr schlechten Zustand zeigen. Die taz hat die Aufnahmen bereits gesehen.

22 Prozent der Legehennen in Deutschland produzieren für Bio- oder Freilandhaltung. Betriebe nach EU-Bioverordnung und mit dem Erzeugercode 0 auf der Schale müssen ihren Tieren mehr Platz als die konventionelle Konkurrenz bieten. Freilandbetriebe führen nicht das Biosiegel, müssen ihren Hennen aber ebenfalls Zugang zum Freien geben. Dafür bezahlen die Konsumenten teils erhebliche Preisaufschläge.

Auf den Bildern aus einer Wiesengold-Biofarm im niedersächsischen Twistringen sind zahlreiche Hennen zu sehen, die fast kaum noch Federn haben. Viele Tiere haben eitrige Hinterteile und wunde Haut. Etliche Hühner sind mit Kot der über ihnen sitzenden Tiere verschmutzt. Die Herde ist zudem von Vogelmilben befallen, was sie anfälliger für Krankheiten macht. Der Auslauf ist Peta zufolge für einen Großteil der Hennen nicht erreichbar. Viele Hühner müssten über bis zu fünf Kotförderbänder springen, um nach draußen zu gelangen, erklärten die Tierrechtler.

Ähnliche Bilder aus einem anderen Wiesengold-Stall waren erst vor zwei Wochen von der ARD gesendet worden. Die Firma erklärte die Zustände damals mit einer Krankheit, die von ins Gehege eingebrochenen Wildschweinen übertragen worden sei. Auf eine Anfrage der taz reagierte Wiesengold am Mittwoch nicht. Sein Ökoanbauverband Naturland erklärte, dem Unternehmen könne das Naturland-Siegel nur bei einem Richtlinienverstoß entzogen werden. „Wir müssen jetzt der Frage nachgehen, ob solche Verstöße vorliegen“, sagte Felix Prinz zu Löwenstein, Präsidiumsmitglied der Organisation.

Hühner verlieren Federn

Wer nun denkt, man sollte auf Eier aus konventioneller Freilandhaltung ausweichen, für den hält Peta mindestens genauso abschreckende Bilder aus einem Hennenberg-Betrieb im nordrhein-westfälischen Velbert ebenfalls aus diesem Jahr bereit. Auch sie zeigen fast nackte, kranke, verletzte und tote Hennen. Der Auslauf für die 9.421 auf dem Betrieb registrierten Freilandhennen war laut Peta zu klein: nur 25.000 statt der vorgeschriebenen 37.685 Quadratmeter.

Hennenberg wies die Vorwürfe zurück. Es sei normal, dass die Hühner Federn verlieren. „Die Tiere sind kerngesund“, sagte er zur taz. Er „habe insgesamt Auslaufflächen von um die 120.000 Quadratmeter Grünland“. Die Legeperiode schwächt die Tiere bei allen Haltungsarten. „Das ist in der Tat normal“, sagt Peta-Rechercheur Stefan Bröckling.

„Aber das ändert nichts daran, dass die Agrarindustrie Hochleistungstiere benutzt, die nach 12 Monaten völlig ausgelaugt sind durch die tägliche Produktion des Kalks für die Eier.“ Er legt ein Luftbild vor, das Hennenbergs Stall zeigen soll: Demnach ist die Wiese um das Gebäude von Wald und einer Straße begrenzt und nur rund 25.000 Quadratmeter groß.

Hennenberg ist schon einmal negativ aufgefallen: Nach einem Skandal 2009/2010 wurde ihm das Biosiegel für die auch jetzt betroffene Farm aberkannt. Auch damals fehlte es an Auslaufflächen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.