Kritiker Walsers unterliegt vor Gericht: Aus dem Schneider

Das OLG Hamburg hat entschieden: Der Publizist Carl Wiemer darf Walser nicht mehr NSDAP-Mitglied nennen, da kein Aufnahmeantrag von ihm vorliegt.

Martin Walsers Empörung hat sich gelohnt. Bild: Patrick Seeger / dpa

Das im rechten Milieu beliebte Schlagwort „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ lässt sich auch anders verwenden. Etwa so: Man wird ja wohl noch sagen dürfen, dass der Schriftsteller Martin Walser Mitglied der NSDAP war. Nein, darf man nicht. Carl Wiemer jedenfalls nicht.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat es dem Publizisten, der Walser 2011 in einem Flugblatt als NSDAP-Mitglied bezeichnet hatte, am Dienstag untersagt – obwohl eine Mitgliedskarte mit dessen Namen existiert.

Damit bestätigte das OLG ein Urteil des Landgerichts Hamburgs, gegen das Wiemer vorgegangen war. Beide Instanzen folgten Walsers Behauptung, keinen Aufnahmeantrag gestellt zu haben. Wiemer kann nicht das Gegenteil beweisen: Die NSDAP hatte 10,7 Millionen Mitglieder, es sind aber nur noch 600.000 Aufnahmeanträge im Bundesarchiv erhalten.

Den Vorsitz bei der Verhandlung des OLG führte der Richter Andreas Buske, der unfreiwillige Inspirator zweier Websites (buskeismus.de, buskeismus-lexikon.de), die wacker argumentieren, die Hamburger Presserechtsprechung sei ein Instrument der Zensur.

Zehnminütige Verhandlung

Auch bei der etwa zehnminütigen Verhandlung ging es hoch her: Silke Kirberg, Wiemers Anwältin, warf ein, Walser gehe gegen Autoren, die Ähnliches behaupten wie ihr Mandant, nicht vor. „Man darf sich seine Gegner aussuchen“, entgegnete der Vorsitzende.

Der Publizist fügte an, künftig könnten sich all jene, deren Mitgliedsanträge nicht mehr vorlägen, auf das Urteil berufen und seien dann „aus dem Schneider“. Buskes Konter: „Wir entscheiden hier im Einzelfall“.

Zumindest in einer Hinsicht war die Verhandlung ein Erfolg für Wiemer: Die Formulierung, Walser schwelge in seinen „Tagebüchern 1974–1978“ „in sadistischen Phantasien davon, wie er einem Überlebenden des Warschauer Ghettos ins Gesicht schlägt“, verbot das OLG nicht.

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