Kommentar NPD: Tiefer Blick hinter die Kulissen der NPD

Die Frage ist weniger, ob man sich mit der NPD beschäftigt, sondern wie. Würde man gar nicht über sie berichten, übernähmen die Rechtsextremen die Berichterstattung nämlich selbst.

Soll man über die NPD berichten? Schreibt man damit die gerade mal rund 6.800 Mitglieder zählende rechtsextreme Truppe nicht unnötig hoch - und geht damit ihrer Strategie, die Medien zu provozieren, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, auf den Leim? Soll man sich den Rechtsextremen in den Weg stellen, wenn sie wie jetzt wieder in Dresden ihren "Trauermarsch" inszenieren - oder sollte man sie einfach ignorieren und einen Sonntag aufs Land fahren?

Die Frage ist weniger, ob man sich mit der NPD beschäftigen sollte, sondern wie. Denn würde man gar nicht über sie berichten, könnten die Folgen noch verheerender sein: Dann übernähmen die Rechtsextremen die Berichterstattung über sich einfach selbst. Auf Internetseiten wie "mupinfo", "Deutschlandecho" oder "Altermedia". Oder mit eigenen Zeitungen wie dem Wartburgkreis Boten oder der Eichsfelder Stimme. Nicht nur im Titel, sondern auch in ihrer Aufmachung kommen diese von NPD-Kadern gemachten Blätter zunächst neutral daher, der Ausländerhass findet sich oft erst zwischen den Zeilen. Mit Zeitungen wie diesen - gratis verteilt - versuchen die Neonazis in eine Lücke zu stoßen, die sich durch die Krise der Regionalzeitungen vor allem im Osten Deutschlands auftut.

Ja, man muss aufpassen, wie man über die gezielten Provokationen der NPD berichtet. Etwa, wenn NPD-Abgeordnete im Sächsischen Landtag wieder mal den Nationalsozialismus relativieren, indem sie über den "Bombenholocaust" der Alliierten schwadronieren. Oder wenn NPD-Kader einen schwarzen CDU-Politiker heimsuchen, wie im Wahlkampf in Thüringen 2009. Oder wenn sie, wie nun in Sachsen-Anhalt geschehen, den Hype um einen von der SPD übergelaufenen Bürgermeister befeuern.

Die nun mehreren Medien zugespielten mehr als 60.000 E-Mails aus den Eingeweiden der Partei sind genau deshalb so wertvoll: weil sie einen tiefen Blick hinter die Kulissen der rechtsextremen NPD ermöglichen.

Darin erfährt man viel über die Strukturen der Partei, ihre Kampagnenplanung, ihre Unterstützer und Spender. Man erfährt aber auch einiges über ihre innere Zerstrittenheit - und bekommt einmal mehr klare Belege für ihr rassistisches und neonazistisches Weltbild, auch bei Kadern, die nach außen gern auf bieder-kleinbürgerlich machen.

Darüber zu berichten schadet der rechtsextremen NPD - hoffentlich.

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Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.

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