Kommentar Korruption in Brasilien: Das System ist das Problem

Erstmals stehen die Bestecher selbst im Mittelpunkt der Ermittlungen. Damit stellt sich die Justiz gegen die Instrumentalisierung von rechts.

Die Enthüllungen im Petrobras-Skandal treffen alle. Bild: reuters

Die Korruptionsermittlungen gegen dutzende Senatoren und Bundesabgeordnete bringt das politische System Brasiliens ins Wanken. Die Enthüllungen im Petrobras-Skandal treffen alle: den staatlichen Erdölkonzern und seinen Umgang mit öffentlichen Geldern, Topmanager der großen Bauunternehmen, die regierende Arbeiterpartei PT und ihre Koalitionspartner sowie in geringem Maß sogar die Opposition.

Politiker aller Couleur stecken sich Bestechungsgelder in die eigene Tasche oder nutzen sie zur Aufstockung der jeweiligen Wahlkampfkasse. Die Verdächtigten schlagen schon jetzt mit wilden Verschwörungstheorien um sich, denn sie wissen, dass im korruptionsmüden Brasilien kaum Nachsicht erwartet werden kann.

Doch der Umgang mit diesem Skandal geht über das Lamentieren gegen korrupte Politiker hinaus. Erstmals sind es die Bestecher, die steinreichen Manager selbst, die im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen. Viele von ihnen sitzen seit Monaten hinter Gittern und sind bereit, als Kronzeugen noch mehr Beteiligte in den Strudel zu ziehen. Die Untersuchungsrichter beharren bislang darauf, dass das Übel von einem Kartell von Bauunternehmen ausging, die sich überteuerte öffentlich Großaufträge sichern wollten.

Damit stellt sich die Justiz auch gegen die politische Instrumentalisierung des Skandals durch die rechte Opposition und ihre Mainstream-Medien. Für diese findet die Korruption nur in der PT und dem von ihr dominierten Staatsunternehmen Petrobras statt. So ist es für die Regierungskritiker ein Ärgernis, dass statt PT-ler vor allem Spitzenpolitiker der rechten Koalitionsparteien PMDB und PP im Visier der Ermittler sind.

Der Skandal zeigt: Das Problem ist weniger die Regierung von Dilma Rousseff, sondern vielmehr ein politisches System, das auf bezahlten Gefälligkeiten statt auf politischen Überzeugungen beruht. Und das durch Parteispenden von Unternehmen immer weiter korrumpiert wird. Eine Reform dieses Systems wird aber just von den (bei der letzte Wahl gestärkten) Rechtspolitikern im Kongress torpediert, allen voran von dem jetzt verdächtigten Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha von der PMDB.

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Journalist und Soziologe, lebt seit neun Jahren in Rio de Janeiro und berichtet für Zeitungen, Agenturen und Radios aus der Region. Arbeitsschwerpunkt sind interkulturelle Medienprojekte wie der Nachrichtenpool Lateinamerika (Mexiko/Berlin) und Pulsar, die Presseagentur des Weltverbands Freier Radios (Amarc) in Lateinamerika.

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