Herrchens Frauchen über Flüchtlings-Hilfe: „Irrsinnige Umstände“

Um unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen zu helfen, veranstalten Herrchens Frauchen seit 18 Jahren einen Benefiz-Abend. Dieses Mal mit dabei: Rainer Trampert & Thomas Ebermann und Die Goldenen Zitronen

Preisgekröntes Kabarett-Duo: Lisa Politt und Gunter Schmidt sind Herrchens Frauchen. Bild: Herrchens Frauchen

taz: Frau Politt, Herr Schmidt, warum haben Sie sich seinerzeit entschieden, nicht mehr die Aids-Hilfe zu unterstützen, sondern jugendliche unbegleitete Flüchtlinge?

Lisa Politt: Das Thema Aids war entpolitisiert, in der damals maßgeblichen Gruppierung der Schwulen hatte sich die Gruppe durchgesetzt, die gesagt hat: Wir müssen erst mal alles tun, um unter Beweis zu stellen, dass wir so normal sind wie die anderen. Das war nicht unser Ziel. Dieses „Wir wollen ja alle dasselbe“-Gefühl war mit dem Angriff auf Jugoslawien atomisiert. Wir haben gedacht, wenn Deutschland angreifen kann, dann kann es auch Flüchtlinge beherbergen.

Wie sieht die Situation für jugendliche Flüchtlinge aus?

Gunter Schmidt: Jugendliche Flüchtlinge sind die, die am schlechtesten dran sind. Sie kommen ohne Begleitung durch Erwachsene hierher, leben dann unter ganz schlechten Bedingungen. Das Notwendigste wird getan, aber jegliche Extras, das fängt an bei Fahrkarte und Gesundheitskosten, sind nicht drin.

Politt: Es sind irrsinnige Umstände. Sie leben vom abgesenkten Sozialhilfesatz, dürfen zur Schule, können aber mit ihrer Fahrkarte zu den Kernzeiten gar nicht die Bahn benutzen, um zur Schule zu kommen.

Sie haben damals erlebt, dass Solidarität klare Grenzen und Konjunkturen hat. Gibt es immer noch Ablehnung gegen das Thema?

Lisa Politt, 57, und Gunter Schmidt, 55, machen seit 1984 als Herrchens Frauchen Kleinkunst- und Kabarettpreis-prämiertes politisches Kabarett. Seit 2002 betreiben sie das Polittbüro in Hamburg-St. Georg.

Politt: Ich glaube es nimmt ab, auch weil unsere Position dazu klar ist. Die Lampedusa-Flüchtlinge haben zweimal ihre Pressekonferenz bei uns im Theater gemacht. Es gibt gelegentlich Diskussionen, warum wir eine Spendendose für Flüchtlinge auf dem Tresen haben. Aber viele von denen wollen einfach nachfragen. Ich war überrascht von den positiven Stimmen zu den Lampedusa-Flüchtlingen. Dass die Stadtteilschule St. Pauli dem Senat einen Brief geschrieben hat und gesagt hat, die sollen hier in unsere Turnhalle kommen, und auch Positionierung der Kirche, das ist super.

Seit drei Jahren geht die Hälfte des Erlöses an die Aktion „Kein Mensch ist illegal“.

Politt: Das ist eine grundsätzliche politische Positionierung, weil sie sich auch um Illegale kümmern und politische Aufklärungsarbeit machen. Abends machen sie wie die Wohngruppe einen Stand mit Infomaterial. Zuschauer, die sich informieren wollen, finden genügend Material vor und auch Fachleute, die ihre Fragen beantworten.

Wie präsent sind die Flüchtlinge auf dem Benefiz?

Schmidt: Es sind immer einige mit den Betreuern gekommen und haben für das Catering gesorgt, mit „internationaler Küche“.

Politt: Früher haben wir die Jugendlichen gebeten, sich kurz auf der Bühne vorzustellen, wenn sie Lust haben. Das ist dann unter der Hand zu einer Reklameveranstaltung für die Arbeiterwohlfahrt (AWO) geworden. Das wollten wir nicht.

Auf der Bühne steht also die Unterhaltung im Vordergrund?

Schmidt: Wir wollen einen tollen Abend machen, der mehr wert ist, als die Leute an Eintritt bezahlen. Das Programm ist vielfältig und die Stimmung ist jedes Jahr fantastisch. Wer wegen der Special Guests kommt, kann das andere auch gut mitnehmen.

Herrchens Frauchen, Thomas Ebermann und Rainer Trampert und die Gruppe Tuten & Blasen sind immer dabei.

Politt: Ja, und es gibt immer eine Gruppe, die den zweiten Teil des Abends gestaltet: Gustav Peter Wöhler, Stoppok, Robert Stadlober mit seiner Gary-Band, Jochen Distelmeyer war schon zwei Mal dabei.

Schmidt: Einmal war Helge Schneider spontan da, der spielte im Tivoli und konnte nicht fest zusagen, kam aber spontan, als eigentlich alles schon vorbei war, setzte sich an den Flügel und hat eine halbe Stunde improvisiert.

Und dieses Jahr treten dann auch die Goldenen Zitronen auf.

Politt: Trotzdem ist es diesmal schwierig, es sind wenig Tickets verkauft worden. Dabei hätte ich erwartet, dass es besonders viele Zuschauer gibt, die sich engagieren wollen, weil das Flüchtlingsthema ja wirklich erfreulicherweise in aller Munde ist.

Schmidt: Es war in den letzten Jahren aber immer sehr kurzfristig, ein Benefiz zu dem Thema ist einfach kein Selbstgänger.

■ Benefiz für jugendliche, unbegleitete Flüchtlinge mit Rainer Trampert & Thomas Ebermann, Herrchens Frauchen, Tuten & Blasen und den Goldenen Zitronen: Fr, 14. 2., 21 Uhr, Hamburg, Fabrik
■ Spendenkonto „AWO-Jugendwohnungen“, Haspa, Kontonummer 1038 21 97 78
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