Göttinger Organspendeskandal: Verdacht auf fahrlässige Tötung
An der Göttinger Uniklinik wurden Transplantationspatienten bevorzugt. Neben dem Vorwurf der Bestechlichkeit wird nun auch wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung ermittelt.
GÖTTINGEN/BRAUNSCHWEIG dpa | Im Göttinger Organspendeskandal wird nun neben Bestechlichkeit auch wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass durch Manipulationen in der Klinik in Niedersachsen Menschen andernorts gestorben seien, sagte der Göttinger Staatsanwalt Andreas Buick am Freitag.
Zwei Ärzte sollen medizinische Daten manipuliert haben, um ihre Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane nach oben zu schieben. Dadurch könnten andere Kranke, die kein Organ erhalten haben, gestorben sein. Die Mediziner könnten nach Worten des Staatsanwaltes fahrlässig oder bedingt vorsätzlich gehandelt haben.
Nach einer anonymen Anzeige mit dem Hinweis auf einen möglichen Organhandel an der Göttinger Klinik ermittele die Braunschweiger Staatsanwaltschaft seit Jahresbeginn wegen möglicher Korruption, sagte Staatsanwältin Serena Stamer am Freitag. Dafür sei Braunschweig als Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Niedersachsen zuständig.
Um den Totschlagsverdacht kümmere sich indes die örtlich zuständige Göttinger Staatsanwaltschaft, die nun sämtliche Akten in Kopie erhalten hat und bei den weiteren Ermittlungen mit Braunschweig Hand in Hand arbeitet. Beide Staatsanwaltschaften gehen von monatelangen weiteren Ermittlungen aus.
Ausmaß des Skandals unklar
Insgesamt werden 23 Fälle aus den Jahren 2010 und 2011 untersucht. „Wir haben noch keinen direkten ganz konkreten Hinweis auf einen Geldfluss, der eine Bestechung belegt“, sagte Stamer. Ob der Organspendeskandal über Göttingen hinaus Kreise zieht, lasse sich noch nicht abschätzen.
Sollten sich Hinweise ergeben, dass Patienten auch woanders hin vermittelt worden seien, müssten die Ermittlungen entsprechend ausgedehnt werden. Geprüft werde, ob weitere Mitarbeiter in den möglichen Skandal verwickelt sind.
Leser*innenkommentare
Peter
Gast
@ Tomate
Betrachten sie die Führungsebene z.B. der AOK.
Tomate
Gast
Seit etwa 20 Jahren trage ich einen Organspender-Ausweis bei mir - doch der wurde jetzt aus der Brieftasche entfernt, und vielleicht stecke ich mir demnächst ein Kärtchen ein, auf dem Organspenden ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Nicht erst seit diesem Korruptionsskandal ist mir bei der ganzen Angelegenheit unwohl. Im letzten Jahr kam ja auch noch heraus, dass sich die Führungsangestellten der Stiftung Organtransplantation von unseren Spenden- bzw. Steuergeldern ein tolles Leben auf Spesenrechnung finanzieren - siehe z. B. hier:
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/vorwuerfe-gegen-stiftung-organtransplantation-man-kam-sich-vor-wie-bei-scientology-1.1233309
Bevor ich da wieder meinen eigenen (noch recht gesunden) Körper in die Waagschale lege, muss sich hier noch etwas grundlegend verändern.
Peter
Gast
Alles ein uralter Hut in dem alle Parteien involviert sind.
Es geht nur noch um die Legalisierung und Privatisierung eines jeden Organs, die Fledderei seit langem.
Der moderne Kannibalismus
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13683020.html
Wer glaubt an das Märchen das der Ethikrat oder Politiker unabhängig sind?
Die sitzen sich halbtot und benötigen nach den vielen Partys neue Organe.
Catharina Odenbach
Gast
Das ist alles kein neues Problem, leider ist das gut gemeinte System sehr störanfällig.
Als seinerzeit ein bereits alter Fürst aus Bayern in kürzester Zeit zwei Spenderherzen hintereinander bekam, habe ich meinen Organspendeausweis vernichtet.
Das konnte wohl kaum mit rechten Dingen zugegangen sein?
Auch die Tatsache, dass der aktuelle Skandal nur durch anonyme Hinweise, nicht aber durch ein reguläres Kontrollsystem bekannt wurde, stärkt mein Vertrauen natürlich gar nicht.