Elternumfrage über Bildung und Beruf: Keine Jobsorgen für den Nachwuchs

Eltern in Deutschland sind optimistisch für die berufliche Zukunft ihrer Kinder. Allerdings vertrauen sie dabei nicht auf das Bildungssystem.

Eine junge Frau sägt in einer Schreinerei ein Stück Holz zurecht

Eltern machen sich wenig Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder, hängen aber an Geschlechterklischees Foto: Andreas Pacek/imago

BERLIN taz | Fast 90 Prozent der Eltern in Deutschland bewerten die berufliche Zukunft ihrer Kinder als positiv. Das ergibt eine im Auftrag der Körber-Stiftung durchgeführte Umfrage des Forsa-Instituts. Im Frühling 2023 wurden dazu etwa 1.100 Eltern von 12- bis 18-jährigen Jugendlichen befragt.

Die Umfrage solle eine Wissenslücke schließen, so Julia André von der Körber-Stiftung: „Wir wissen zwar seit vielen Jahren, dass der Berufserfolg in Deutschland maßgeblich vom Einkommen und Bildungsstand der Eltern abhängt, aber nicht, wie diese auf die Bildung und die berufliche Zukunft ihrer Kinder blicken“. Maßnahmen, die Chancengleichheit erhöhen sollen, müssten Eltern unbedingt einbinden.

Mehr als die Hälfte der befragten Eltern hofft, dass ihre Kinder einen praktischen Ausbildungsweg einschlagen, etwa eine Ausbildung oder ein duales Studium. Eine Rolle spielt dabei der Bildungsabschluss der Eltern: Haben sie selbst eine Hochschulreife, ziehen sie für ihre Kinder ein Studium vor.

Entgegen älteren Geschlechterrollen wird für die Töchter eher ein Studium gewünscht, während von den Söhnen häufiger eine Ausbildung erwartet wird. Die Gründe dafür seien nicht Teil der aktuellen Befragung, so André, aus anderen Umfragen wisse man aber, dass den Mädchen eher die für Erfolg in Schule und Studium notwendigen Kompetenzen Selbstorganisation, Leistungsbereitschaft und Systemkonformität zugetraut würden, als den Jungen.

Auch bei den Berufsfeldern, die Eltern sich für ihre Kinder wünschen, spielen Geschlechterstereotype eine Rolle: Zwar sind bei 81 Prozent aller Eltern die Berufsfelder Naturwissenschaft, Forschung und Technologie besonders beliebt, sie unterscheiden aber zwischen Jungen und Mädchen. So wünschen sie sich für ihre Töchter deutlich häufiger einen sozialen oder medizinischen Beruf, für ihre Söhne präferieren sie technische Berufe. Hier treffe Zukunft auf Vergangenheit, so André: Eltern wüssten um den technologischen Wandel der Arbeitswelt, würden aber gleichzeitig auf alten Rollenbildern verharren.

Eigenverantwortung für die Ausbildung

Bei der Berufswahl ist vielen Eltern vor allem die Zufriedenheit ihrer Kinder wichtig: 98 Prozent der befragten Eltern hoffen darauf, dass die Kinder im Beruf Selbstverwirklichung erleben, 87 Prozent hoffen auf eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Nur 12 Prozent finden es wichtig, dass die Berufswahl ihrer Kinder für Status und Ansehen sorgt, nur 8 Prozent finden Einfluss und Macht wichtig.

Für eine gute Ausbildung sehen nahezu alle Befragten Kinder und Eltern in der Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Schule folgt an dritter Stelle. Fast drei Viertel der Eltern finden, die Schule vermittle weniger gut bis gar nicht Kompetenzen für die berufliche Zukunft. Fast die Hälfte aller Befragten wünscht sich außerdem ein anderes Bewertungssystem als das der Schulnoten.

Insgesamt sei aus der Befragung ein geringes Vertrauen in die Schule ersichtlich. „Eltern glauben, dass Schule teilweise aus der Zeit gefallen ist“, sagte André. Der Lehrplan sei dem Empfinden der Eltern nach nicht an die neuen Anforderungen der Arbeitswelt angepasst. Es fehle ein gemeinsames gesellschaftliches Verständnis von dem, was Schule in der Hinsicht leisten solle.

Dass Eltern deswegen vor allem auf Eigenverantwortung setzen, sieht André kritisch: „Jede*r ist seines oder ihres eigenen Glückes Schmied – das kann nicht die gesellschaftliche Antwort sein. Denn wir wissen, dass Motivation und Engagement sehr stark vom Umfeld abhängig sind.“ Der positive Blick der Eltern in die Zukunft sei aber erfreulich. Der Fachkräftemangel und der leere Arbeitsmarkt gäben dafür auch Anlass. Allerdings warnt André, dass immer noch viele junge Menschen durchs „Raster fallen“ würden.

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