EAST SIDE GALLERY II: Mauer frei zur Adoption
Weitere Schuldzuweisungen wegen Abriss im Kulturausschuss. Stiftung Berliner Mauer soll die East Side Gallery übernehmen.
Zumindest von einer Seite bekommt Friedrichshain-Kreuzbergs Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) an diesem Montag recht. Schulz hat da gerade dem Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses die zwanzigjährige Geschichte der Grundstücke rund um die East Side Gallery erzählt.
„Das hat er ganz richtig dargelegt“, sagt ausgerechnet Manfred Kühne, Abteilungsleiter in der SPD-geführten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von Michael Müller. Dabei feuert vor allem die SPD seit einer Woche gegen Schulz: Sein Planungschaos sei verantwortlich für die ursprünglich geplanten neuen Durchbrüche in der Mauergedenkstätte.
Der Kulturausschuss wollte sich eigentlich mit dem Kampf gegen immer neue Graffiti auf den Mauerresten beschäftigen. Die Ereignisse haben sich in den vergangenen Tagen und Wochen jedoch überschlagen: 6.000 Menschen demonstrierten gegen die geplante Bebauung des Uferstreifens, nun reden auch die Kulturpolitiker darüber. „Wir haben das Thema East Side Gallery bisher mächtig verschlafen“, sagte die Grüne Sabine Bangert am Montag.
Komplettes Bauland
Ihr Parteikollege Schulz ist da anderer Meinung. Seit mehr als zehn Jahren bemühe er sich in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung um Aufkäufe von Grundstücken, damit der alte Plan nicht Wahrheit wird: den ehemaligen Todesstreifen komplett zu Bauland zu machen.
So sah es ein städtebaulicher Wettbewerb 1992 vor, so hatte es SPD-Bausenator Peter Strieder 1999 in das verbindliche Planwerk Innenstadt übernommen. Strieder war es auch, der dem Bezirk 2000 verordnete, die baurechtlichen Voraussetzungen für ein Hochhaus und einen Gebäuderiegel zwischen Spree und Mauer – heute Anstoß des Protestes – zu schaffen. So steht es in einem Dokument, das die Grünen zusammen mit einer zehnseitigen Chronologie vorgelegt haben. „Als Bezirk hatten wir keine Möglichkeit, uns dagegen zu wehren“, sagt Schulz.
SPD und CDU bleiben bei ihren Schuldzuweisungen gegen Schulz. Weil der Bezirk mit dem Erhalt der East Side Gallery offensichtlich überfordert sei, solle sich in Zukunft die Stiftung Berliner Mauer um sie kümmern. Die ist bisher für die Gedenkstätten an der Bernauer Straße und das Notaufnahmelager Marienfelde zuständig und bräuchte eine Änderung ihres Stiftungszweckes. „Ich halte das für eine sehr gute Idee“, sagt Kulturstaatssekretär André Schmitz.
Auch mit dem ausgehandelten Kompromiss für die Zufahrtswege der entstehenden Häuser scheinen die meisten Parlamentarier zufrieden: Kein neuer Mauerdurchbruch, dafür wird ein alter von fünf auf elf Meter ausgedehnt. „Das ist eine Scheinlösung, den Menschen geht es hier um komplett öffentlichen Raum“, sagt die Grüne Katrin Schmidberger. Doch Tauschgrundstücke zugunsten eines unbebauten Todesstreifens will der Senat nach wie vor nicht zur Verfügung stellen.
Leser*innenkommentare
mauer
Gast
wer braucht diese irmi noch ??? Nur ein Kostenfaktor, das Geld könnte für Rentner und Arme besser verwendet werden.
Claudia
Gast
Die East Side Gallery ist keine Gedenkstätte. Sie ist in Beton gegossener Kommerz der Friedrichshainer Hipster-Szene: Touristenmagnet, Strandbars, Souveniershops, Graffities (gab es auf der Ostseite nie!!), Hostels ...
Was da gerade stattfindet ist kein Kampf "Geschichte/Kultur gegen Kommerz" sondern "Kommerz gegen Kommerz"
Hermann
Gast
Schulz der Gute?
Soviel ich weis hat doch Schulz als damaliger Baustadtrat von Kreuzberg dies alles geplant.
Richard Sanders
Gast
Die EastSideGallery taugt nicht für Bildungsarbeit zur Geschichte der deutschen Teilung. Diese Mauer steht an der falschen Stelle und ist von der falschen Seite bemalt. Im Gedenkkonzept des Berliner Senats ist sie dafür auch nicht vorgesehen sondern die Mauer an der Bernauer Straße.
Wer am Friedrichshainer Spreeufer mit Geschichte argumentiert, setze sich bitte auch für den Wiederaufbau der Brommybrücke für den nicht motorisierten Verkehr ein. Bis heute gibt es keine leistungsfähige Radverbindung zwischen Friedrichshain und Kreuzberg - die Situation an der Warschauer Straße (kein Radweg!) ist für Radfahrer teilweise lebensgefährlich.
Ein Architektenwettbewerb für eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke, die nicht nur die Spree, sondern gleich auch die EastsideGallery und die gefährliche Mühlenstraße überspannt - das wäre an dieser Stelle zukunftsweisende und konstruktive Politik!
irmi
Gast
wer braucht diese Mauer noch ??? Nur ein Kostenfaktor, das Geld könnte für Rentner und Arme besser verwendet werden.