Die anderen G20: Echt mächtig
Der andere Blickwinkel auf Macht – große Spieler, deren Einfluss aber selten benannt wird.
Am 7. und 8. Juli 2017 treffen sich in Hamburg die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, die G20. Sie heißen der „Club der Mächtigen”, weil sie für fast zwei Drittel der Weltbevölkerung, für mehr als vier Fünftel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und für drei Viertel des Welthandels stehen. Aber sie bestimmen die Zukunft nicht allein. Wer sonst Einfluss hat – durch Geld, Technologien, Netzwerke – spricht nur oft nicht darüber. Eine Auswahl von 20 anderen Mächtigen der Welt.
Seattle
Bill Gates. Laut dem US-Magazin Forbes ist der Microsoft-Gründer mit umgerechnet rund 80 Milliarden Euro der reichste Mann der Welt. Zusammen mit seiner Frau Melinda konzentriert er sich auf wohltätige Arbeit, versucht etwa Krankheiten wie Malaria auszurotten – seine Stiftung ist die größte Privatstiftung der Welt.
Silicon Valley
Tech-Elite. Wie sonst nirgendwo denken im Silicon Valley Google-Gründer Larry Page, Tesla-Chef Elon Musk oder Jack Dorsey von Twitter die Technik der Zukunft voraus.
San Francisco
Airbnb. Die Plattform, mit gut drei Millionen Inseraten in 191 Ländern der weltweit größte Vermittler privater Unterkünfte, hat die Reisebranche umgekrempelt – und bringt weltweit die Gentrifizierung in den Metropolen voran.
Washington
NASA. »Journey to Mars« – mit der Reise zum Mars wirbt die US-Raumfahrtbehörde. Vor allem schicken die 17.000 Mitarbeiter Satelliten und Messsonden ins All, sammeln Daten etwa zu Klimaphänomenen und beliefern damit Wissenschaftler auf der ganzen Welt mit Grundlagen für ihre Forschung.
New York City
Goldman Sachs. So mächtig, so gut vernetzt in der Politik ist sonst keine Bank der Welt. Frühere Goldman-Sachs-Partner wie Steven Mnuchin sitzen im Kabinett von Donald Trump und haben aber auch andere hohe Ämter inne.
Irving, Texas
ExxonMobil. Der weltgrößte Energiekonzern hindert mit seinen Konkurrenten die Welt, sich auf die Zeit ohne Öl und Gas vorzubereiten. US-Präsident Trump machte ExxonMobil-Chef Rex Tillerson zum Außenminister. Von Wladimir Putin erhielt der schon den Orden der Freundschaft, weil er als Konzernchef eine Partnerschaft mit dem russischen Ölkonzern Rosneft einging.
Brasilia
Amaggi. Der Konzern ist einer der weltweit größten Sojaproduzenten – und mächtig. Für den Anbau wird vor allem in Südamerika der für Artenvielfalt und Klimaregulation wichtige Regenwald abgeholzt. Besitzer des Konzerns: Blairo Maggi, Brasiliens Agrarminister, und seine Geschwister.
Brighton, UK
Felix Kjellberg alias PewDiePie. Den Älteren ist der erfolgreichste YouTuber der Welt vielleicht unbekannt, bei Teenies ist er der Popstar. 55 Millionen Abonnenten sehen seine Clips, mit denen er jährlich mehrere Millionen Dollar verdient.
Oslo
Staatlicher Pensionsfonds des Königreiches Norwegen. Er verwaltet die Öleinnahmen des Landes seit 1990, zuletzt 854 Milliarden Euro, und investiert in rund 9.000 Unternehmen weltweit. Der größte Staatsfonds der Welt zieht sich derzeit aus jenen Firmen, die ihr Geld mit Kohle verdienen, peu à peu raus.
Paris
Thomas Piketty. Seitdem er sein Buch Das Kapital im 21. Jahrhundert veröffentlich hat, gilt der Franzose als einer der einflussreichsten Ökonomen der Welt. Er hat mit seinen Thesen zu Einkommen und Vermögen weltweit Debatten zur Umverteilung ausgelöst.
Berlin
Emmanuelle Charpentier. Die Französin, die derzeit als Direktorin am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie forscht, hat ein neues molekulargenetisches Werkzeug entdeckt: CRISPR/Cas9, eine Art Skalpell, mit dem sich Gene verblüffend genau ändern lassen. Sie revolutioniert damit die Arbeit in den Gentechniklaboren. Risiken unklar.
Rom
Papst Franziskus. Politiker stehen Schlange, um bei ihm eine Audienz zu bekommen, vor allem gehören aber 18 Prozent der Weltbevölkerung der katholischen Kirche an, darum hat es Gewicht, wenn er in der Umweltenzyklika mit dem Kapitalismus abrechnet.
Zürich
FIFA. Der Fußball-Weltverband ist ein Paradebeispiel für Geb-ich-dir–Gibst-du-mir-Gefälligkeiten, für ein Netzwerk eitler, selbstverliebter Manager. Die Regierung des Weltfußballs zeigt, wie Politik nicht gemacht werden sollte.
Genf
Internationales Rotes Kreuz. Die weltweite größte humanitäre Organisation mit ihren nationalen Gesellschaften in 190 Ländern hilft in Notfällen und bei Katastrophen, heißt: wenn die Natur verrücktspielt oder die Politik versagt.
Amsterdam
Greenpeace International. Die wohl einflussreichste Umweltorganisation der Welt versucht, Politiker zu überzeugen, die Energiewende voranzubringen, Ozeane vom Müll zu befreien, sich um intakte Wälder zu kümmern. 2015 engagierten sich mit ihr weltweit 36.360 Ehrenamtliche, 2011 waren es noch 12.500.
Leverkusen
Bayer AG. Konzernchef Werner Baumann will den umstrittenen Saatgutkonzern Monsanto kaufen und damit der weltweit größte Hersteller von Agrarchemikalien werden. Dann wird er mit den größten Lebensmittel- und Handelskonzernen wie Nestlé und Walmart den Nahrungsmarkt bestimmen.
Peking
State Grid Corporation of China. Das Energieunternehmen der Volksrepublik China hat Millionen von Stromkunden, von ihm hängt es ab, ob sie an die erneuerbaren Energien angeschlossen werden, die China derzeit massiv fördert. Für andere Länder wäre das beispielhaft.
Seoul
AlphaGo. Das Google-Computerprogramm hat Go-Profi Lee Sedol im März letzten Jahres in Seoul geschlagen, und zwar mit einem Zug, den es eigentlich nicht gelernt haben kann. Der Sieg der künstlichen Intelligenz gilt als großer Moment in der Forschung, selbst lernende Maschinen werden den Alltag verändern.
Mumbai
Dawood Ibrahim Kaskar. Verdient Milliarden mit Drogen- und Waffenschmuggel, mit Auftragsmorden, aber auch mit Bollywood-Filmen. Zudem soll er in terroristische Anschläge wie den in Mumbai 1993 verstrickt sein. Er gilt als einer der reichsten unter den lebenden Verbrechern. Das US-Magazin Forbes schätzte sein Vermögen auf 6,7 Milliarden Dollar. Heute versteckt er sich vermutlich in Pakistan.
Melbourne
BHP Billiton plc. Der größte, wertvollste und gleichzeitig umstrittenste Bergbaukonzern der Welt fördert in seinen Minen vor allem Eisenerz, Kohle und Kupfer, handelt zudem mit Erdöl und Kalisalz – und mischt in der globalen Wirtschaft der Zukunft mit.
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