Fehlschläge beim Golf: Die Cracks können's auch nicht

Der kürzeste Golfwitz lautet: „Ich kann’s jetzt.“ Warum wir armseligen Amateure uns bisweilen über die Missgeschicke der Profis freuen können.

Chisato Iwai schaut ihrem Ball nach.

Chisato Iwai checkt die gedachte Puttline Foto: ap

Der kürzeste Golfwitz geht so: „Ich kann’s jetzt.“ So albern das klingen mag, so viel Wahrheit steckt darin. Immer wenn man auf einer Runde meint, jetzt bin ich im Schwung, also im Flow, jetzt läuft es fast wie von selbst, wird der Ball sehr bald wieder völlig anders fliegen als gedacht. Verzogen, vergurkt, verhackt, ab ins Irgendwo.

„Warum lern ich das nie …?!“ ist die genervte Folgefrage. Der Frust provoziert den nächsten misslungenen Schlag. Und schon hat die Abwärtsspirale begonnen. Ein tröstender Mitspieler wird vielleicht sagen: „Na, wenn wir es perfekt könnten, wären wir nicht hier, sondern bei den Profis unterwegs.“

Nun sind auf den Profitouren auch die Perfektionisten nicht immer perfekt unterwegs. Etwa Shad Tuten aus Augusta, Georgia, der sich nach Abschluss der letzten Qualifikationsrunde der Challenge Turniere als 30. der Gesamtwertung ab 2024 in die große PGA-Tour aufgestiegen wähnte, die erste Liga im US-Golf. Platz 30 reicht als letzter für die Tourkarte, die Karrieren starten und sehr viele Dollars bedeuten kann.

Aber Tuten hatte einen winzigen Fehler gemacht. Er hatte seinen verdreckten Ball aufgehoben, gereinigt und an die markierte Stelle wieder zurückgelegt, so weit korrekt. Aber der Ball bewegte sich ein wenig. Das darf nicht. Also nahm ihn Tuten, den Regeln verpflichtet, erneut auf. Und legte ihn unbedacht vielleicht einen Zentimeter daneben hin. Verboten! Es muss die exakt gleiche Stelle sein! Tuten hatte davon nullkommanull Vorteil, aber ein Video dokumentierte den Flüchtigkeitsfehler. Und weil Golf der heiligen Gerechtigkeit willen gnadenlos ist, gab es zwei Strafschläge. Tuten wurde 32. Keine Tourkarte! Die bekam der Lucky Profiteur Rafael Campos aus Puerto Rico.

Putt-Desaster und Worst Shots der Profis

Oder der Kalifornier Paul Goydos. Er stand neulich kurz vor dem Turniersieg. Zwei Löcher vor Schluss hatte er einen Schlag Vorsprung. An Loch 17 hatte er noch einen Putt von weniger als sechs Metern vor sich. Sechs Meter sind für Profis fast bombensicher für maximal zwei Schläge.

Was folgte, nennt eine Website „das größte Putt-Desaster der jüngeren Golfgeschichte“: Goydos schob einen nach dem anderen vorbei. Der 5. war erst drin. Der fünfte! Der arme Versager wurde Dritter.

Im berühmten irischen K Club hatte der Spanier San­tia­go Tarrio seinen Ball in den Fluss Liffey geschlagen, gut 100 Meter vor dem Grün. Strafschlag, nicht schön, aber das kommt auch bei den Besten vor. Doch Tarrio versenkte ohne erkennbare Not drei weitere Bälle im Wasser, ehe er endlich, jeweils ein Strafschlag dazu, mit dem zehnten Schlag auf dem Grün landete. Er schaffte eine 12 auf der Score-Karte, statt einer 4 oder 5.

Auf Youtube kann man die „Worst Shots“ der Profis finden. Sie trösten uns armselige Amateure ein wenig. Da sehen wir Bälle in tiefe Büsche und weite Wälder fliegen. Auch die Besten sind dabei, etwa Rory Mc­Ilroy, wie er ins tiefe Gras wütet und der Ball kaum einen Meter weiterspringt. Gerade erst hat Jordan Spieth einen Putt aus weniger als einem Meter danebengeschoben.

Shane Lowry hatte einen steilen Putt bergauf, der Ball blieb zu kurz, drehte lachend eine Kurve – und rollte weiter zurück, als er vorher lag. Der Engländer Richard Finch rutschte beim Schlag weg, fiel einen Hang hinunter und blieb bis zur Hüfte im Wasser stehen. Aber, immerhin, der Ball war aufs Grün geflogen.

Oder der Niederländer Joost Luiten. Er hatte in Dubai seinen Abschlag verrissen und warf wütend seinen Driver weg. Der flog in den nahestehenden Baum – und blieb oben. Luiten warf einen anderen Schläger hoch, um den Driver runterzuholen; der verfing sich auch. Und einen dritten, dito. Mit reichlich Flüchen und drei Schlägern weniger machte er sich auf in die Restrunde.

Die Cracks, die können es manchmal auch nicht. Die Armen haben nicht mal Mitspieler, die sagen: Ach, wenn wir es könnten, wären wir längst bei den Profis unterwegs.

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Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).

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