Offensivstarker VfB Stuttgart: Leichtfüßiges Spektakel

Im Derby verteidigen die Freiburger nicht bundesligareif. Der VfB Stuttgart freut sich über fünf Treffer und den Verbleib seines Stürmers Guirassy.

Führich und Jeong jubeln vor der Stuttgarter Fankurve

In bester Laune: Chris Führich (l.) bejubelt mit Woo-yeong Jeong seinen Führungstreffer Foto: Tom Weller/dpa

Man hat dem Umfeld des VfB Stuttgart häufiger überzogene Ansprüche vorgeworfen. Doch die Freude über das 5:0 im badisch-schwäbischen Duell gegen den SC Freiburg, das zweite 5:0 im zweiten Heimspiel, die blieb absolut im Rahmen. „Die Nummer eins im Land sind wir“, sang die Cannstatter Kurve zwar, meinte dabei aber eindeutig das Bundesland, also das „Ländle“. Dass der nach dem peinlichen Auftritt der eigenen Mannschaft demoralisierte Freiburger Anhang, der bald ein paar Europa-League-Spiele sehen darf, noch einen mitbekam, gehört zur Folklore in ethnologisch aufgeladenen Duellen: „In Europa kennt euch keine Sau.“

Dabei war das Problem des Sportclubs am Samstag nun wirklich nicht die europäische Perspektive. Denn was das Team, das die ersten beiden Saisonspiele gegen Hoffenheim und Bremen noch gewonnen hatte, in Stuttgart ablieferte, hatte in 80 von 90 Minuten nicht einmal Bundesliganiveau. Freiburg verlor nach ordentlichem Beginn fast alle entscheidenden Zweikämpfe und schien sich nach dem frühen 0:3-Rückstand nach nicht einmal 20 Minuten nicht entscheiden zu können, ob es eine Aufholjagd anvisieren oder noch Schlimmeres verhindern wollte.

Die Folge war ein einseitiges, fast demütigendes Spiel, in dem Stuttgart alle Räume bekam, um ein leichtfüßiges und effizientes Angriffsspiel aufzuziehen. „Der Gipfel der Nicht-Kommunikation war das 3:0“, ärgerte sich SC-Trainer Christian Streich: „Das sah aus wie zehn gegen null, ohne Gegenspieler.“ Die Länderspielpause komme nun zur Unzeit: „Wir müssten uns jetzt eingraben, schonungslos analysieren und ganz hart trainieren.“

Eine Spitzenmannschaft, wie in manchen Gazetten behauptet, sei sein Team sowieso nicht. „Da lache ich mich tot.“ In den vergangenen Jahren habe es für den SC immer nur eine Richtung gegeben: „Immer den Berg rauf.“ Intern habe man aber immer gewusst, woran man sei. Also offenbar eher im Mittelgebirge. Dass das Abwehrverhalten beim vierten und fünften Gegentreffer durch Enzo Millot nicht besser ausfiel, dürfte Streichs Laune dann auch nicht verbessert haben.

Alleskönner im Strafraum

Bestens aufgelegt war hingegen Stuttgarts Sportdirektor Fabian Wohlgemuth, der höflich behauptete, das Ergebnis sei vielleicht einen Tick zu hoch. Dabei hätte es noch deutlicher ausfallen können als 5:0 nach den beiden Toren von Serhou Guirassy (17./19.) und Chris Führich (8./62.) sowie Enzo Millot (75.). Guirassy hat nun schon fünf Saisontreffer auf dem Konto und so richtig können sie es beim VfB immer noch nicht fassen, dass ausgerechnet ihr wichtigster Mann in diesem Sommer nicht den Verein verlassen hat.

Glaubt man den Beteuerungen von Sportdirektor Fabian Wohlgemuth und Trainer Sebastian Hoeneß, hat es in den Tagen vor Ablauf der Transferfrist nicht einmal ernsthafte Anfragen, beispielsweise aus der Premier League, gegeben. Was erstaunlich ist, schließlich suchen ja angeblich ein paar Dutzend Spitzenvereine den Typus Guirassy, der im Strafraum alles kann und darüber hinaus auch mitspielender, vergleichsweise mannschaftsdienlicher Zeitgenosse ist.

Im Gegensatz zu den Führungsspielern Wataru Endo, Konstantinos Mavropanos und Borna Sosa, die allesamt in den vergangenen drei Wochen ins Ausland wechselten, ist der Franzose aber immer noch da. „Darüber habe ich mich vor sechs Wochen gefreut, vor vier auch, und jetzt freue ich mich immer noch“, sagte Wohlgemuth, der die Hochstimmung beim eigenen Anhang originell einordnete: „Wenn man zu unseren Spielen kommt, kann man sicher sein, dass man viele Tore sieht.“

Die beiden hohen Heimsiege und die 1:5-Niederlage bei RB-Leipzig bescheren dem VfB nach drei Spielen das unorthodoxe Torverhältnis von 11:5.

Und selbst wenn eines davon (nach einem Lapsus in Leipzig) auf das Konto von Alexander Nübel geht – der neue Keeper ist für den Stuttgarter Höhenflug mindestens genauso wichtig wie die spektakuläre Offensivabteilung. Sicher bei Flanken, gut im Stellungsspiel und zuverlässig auf der Linie – der VfB hat nach zwei fürs wohlgesonnene Publikum nervenaufreibenden Jahren endlich einen Torwart, der die Defensive stabilisiert und auf den er sich verlassen kann. Es deutet also einiges darauf hin, dass dem „richtig guten Saisonstart“, den Trainer Hoeneß bilanzierte, nicht zwangsläufig 31 miserable Stuttgarter Spiele folgen werden.

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