ausdialogisiert
: Agrarministerin vernichtet Lebenszeit

Einen „Gesellschaftsvertrag“ über die Zukunft der Landwirtschaft möchte die niedersächsische Agrarministerin Barbara Otte-Kinast gern aufsetzen. Mit dieser Idee geht sie schon eine Weile hausieren, seit zehn Monaten gibt es nun einen aufwändigen Diskussionsprozess, bei dem alle irgendwie mal mitreden dürfen sollen. Dafür hat das Ministerium extra eine Kommunikationsagentur und ein Beratungsunternehmen bezahlt. In dieser Woche sollte das Ganze nun in einen mehrstündigen Online-Konvent münden. Und an dessen Ende stand eine Pressekonferenz. In der hätten vermutlich Ergebnisse präsentiert werden sollen – es gab allerdings keine.

Man sprach stattdessen ganz viel über die Prozesse, also darüber, wie viele Menschen wie viele Stunden miteinander geredet hatten. Garniert mit all diesen Buzzwords und Nebelkerzen des Agentursprechs wie „Verstetigung des Prozesses“ oder „systemisches Konsensieren“. Auf „Leitplanken“ will man sich verständigt haben, die – man beachte die Formulierung – „die geringsten Widerstände aufweisen“ und damit „einem Konsens am nächsten“ sind.

Man muss sich die so mühsam und langwierig ausformulierte Leitplanke wirklich Wort für Wort auf der Zunge zergehen lassen. Sie lautet: „Die Entwicklung einer zukunftsfähigen, resilienten und nachhaltigen (regionalen) Land- und Ernährungswirtschaft in Niedersachsen mit qualitativ hochwertigen, vielfältigen Produkten zu fairen und marktfähigen Preisen entlang der Wertschöpfungskette mit hohen Umwelt-, Klimaschutz-, Gesundheits-, Arbeits-, Sozial- und Tierwohlstandards steht im Mittelpunkt.“

Halleluja! Das sagt alles und gleichzeitig nichts. Man hätte genauso gut schreiben können: Wir wünschen uns eine eierlegende Wollmilchsau, die selbstständig, ohne Peitscheneinsatz, im Kreuzschritt die Quadratur des Kreises entlang trippelt. Ich wünsche mir übrigens, dass die Verschwendung fremder Lebenszeit unter Strafe gestellt wird.

Bitte nicht falsch verstehen: Das Anliegen ist ja ein absolut ehrenwertes. Natürlich müssen wir darüber reden, wie wir künftig leben, wirtschaften und essen wollen. Und natürlich ist der Dialog zwischen Landwirten, Verbrauchern, Handel, Klima-/Tier- und Umweltschützern hoffnungslos verfahren. Da braucht es bestimmt ein bisschen Budenzauber, um überhaupt etwas in Gang zu bringen. Aber bitte: Es braucht dann eben auch Zeit und Ergebnisse. Und keine inhaltsleere Pressekonferenz kurz vor der Sommerpause und kurz vor dem Ende der Legislaturperiode. Nadine Conti