Britisches Parlament sagt viermal Nein

Erneut fallen alle Alternativen zu Mays Brexit-Deal im Unterhaus durch. No-Deal wird wahrscheinlich

Von Dominic Johnson

Das britische Parlament hat sich schon wieder auf keine einzige der von den Abgeordneten selbst eingebrachten Alternativen zum ungeliebten Brexit-Deal der Premierministerin Theresa May mit der EU einigen können. Alle vier Vorlagen, die bei der zweiten derartigen Abstimmungsrunde am späten Montagabend zur Wahl standen, fielen durch: ein Verbleib in der EU-Zollunion, eine Anbindung an den Binnenmarkt nach dem Vorbild Norwegen, ein zweites Referendum und ein kompliziertes Verfahren zur Wahrung der parlamentarischen Hoheit, das die Rücknahme des Austrittsantrags mit der Möglichkeit einer weiteren Volksabstimmung und dann eventuell eines neuen Austrittsantrags enthält.

Die Zollunion verfehlte erneut nur knapp eine Mehrheit, mit 273 zu 276 Stimmen. Das zweite Referendum erhielt am meisten Ja-Stimmen, aber auch am meisten Nein-Stimmen und fiel mit 280 zu 292 durch. Mit 261 zu 282 Stimmen scheiterte der Norwegen-Vorschlag, mit 191 zu 292 das Brexit-Rücknahme-Modell. Auch nach dieser zweiten Runde hat das Parlament also keinen Vorschlag hervorbringen können, der Mays Brexit-Deal schlägt. Dieser hatte am vergangenen Freitag 286 Ja-Stimmen erhalten. Dennoch: Alle Vorschläge standen jetzt schon mehrere Male zur Abstimmung und so ist zu vermuten, dass sie ihr Potential an Ja-Stimmen ausgeschöpft haben. Das Unterhaus zählt 650 Sitze.

Momentan ist der 12. April der Tag, an dem die britische EU-Mitgliedschaft erlischt, außer es wird vorher eine weitere Verschiebung beantragt und bewilligt. Die EU hat dafür einen Sondergipfel für den 10. April angesetzt. Öffentliche Äußerungen führender EU-Verantwortlicher legen nahe, dass ein No-Deal-Brexit jetzt immer wahrscheinlicher wird. Der konservative Abgeordnete Oliver Letwin, Erfinder der jetzt zweimal im Unterhaus stattgefundenen eigenmächtigen Abstimmungen der Abgeordneten, beziffert dessen Wahrscheinlich jetzt sogar auf 90 Prozent.

Letwin und seine Labour-Verbündete Yvette Cooper haben am Dienstag zwar einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Regierung verpflichten würde, auch ohne parlamentarische Einigung auf einen neuen Vorschlag eine neue Brexit-Verschiebung zu beantragen. Er soll am Donnerstag im Eilverfahren durchgebracht werden. Selbst wenn das klappt, kann damit die EU aber nicht zur Annahme eines solchen Antrags gezwungen werden. Der Willen dazu sinkt mit jedem Nein aus dem Parlament in London weiter.