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: Ewig grüßt die Euro League

Hertha hat diese Hinrunde attraktiven Fußball gespielt. Morgen letztes Heimspiel gegen Augsburg

Platz 7 – die ewige Hertha-Platzierung. Nicht schlecht, aber auch nicht grandios

Bezahltes Weihnachtsessen wird es für Herthas Spieler schon mal nicht geben. In der vergangenen Woche hatten die Berliner ihrem Trainer vor dem Spiel gegen Stuttgart eine Wette vorgeschlagen: Sieben Punkte aus den letzten drei Partien vor der Winterpause wollten sie holen. Wenn es gelänge, müsse Pál Dárdai sie zum Essen einladen.

Da Hertha das erste der drei Duelle gleich mit 1:2 verlor, hat sich die Wette aber sehr schnell erledigt. Dárdai wirkte auch sonst etwas zerknittert vor dem heutigen letzten Heimspiel gegen Augsburg: „Da war nicht diese Gier, die mir zeigt: Ich will unbedingt etwas erreichen“, sagte er über die Partie in Stuttgart. Zu leichtsinnig fand er die eigenen Spieler. Etwas bissig fügte er hinzu: „Man hat das Gefühl gehabt, dass sie im Moment sehr zufrieden sind.“

Genau genommen können die Herthaner durchaus zufrieden sein. Über weite Strecken der Hinrunde lieferten sie dem in dieser Hinsicht nicht verwöhnten Hertha-Publikum eine neue, manchmal berauschende Attraktivität. Neben Mut, Entertainment und ästhetisch ansprechenden Kombinationsfußball gab es auch hohe Resultate: Einen Sieg über den FC Bayern, einen Sieg über die aktuell zweitplatzierten Gladbacher und ein starkes 2:2 beim Tabellenführer Dortmund.

Der folgende Einbruch ließ sich sogar ganz gut auf äußere Einflüsse schieben: Fiel doch in diese Zeit der Konflikt mit den eigenen Ultras, der mittlerweile ruht und das junge Team denkbar verunsicherte.

Spielerisch lief es selten so gut für die Berliner. In der Tabelle aber steht derzeit Platz 7, also so etwas wie die ewige Hertha-Platzierung. Nicht schlecht, aber auch nicht grandios.

Michael Preetz würde gern langfristig den Abstand auf die ersten sechs verkürzen. Im Oktober hat Hertha den Finanzinvestor KKR ausbezahlt und dafür auch Kredite aufgenommen. Nun sucht der Klub schon länger nach neuen Investoren.

Allerdings gibt es da oben, entgegen der Formulierung von Preetz, natürlich kaum so etwas wie die dauerhaften ersten sechs. Eher schon die ersten zwei, Bayern und Dortmund, und dahinter eine ganze Armada von Mittelschichtlern. Und mit Leipzig, Hoffenheim und langfristig Schalke und Leverkusen noch einige Konkurrenten, mit denen Hertha strukturell und finanziell nicht mithalten kann. Immerhin, die Berliner haben Stabilität. Wo andere Klubs auf- und abstürzen, bleibt Hertha unbeirrbar jahrein, jahraus im Kampf um die Euro-League-Plätze.

Javairo Dilrosun, Marko Grujic, Arne Maier: Derzeit spielt die Hoffnung von morgen beim Charlottenburger Klub. Weil Hertha geschickte Leihen tätigte und viel in die Jugendarbeit investierte, kickt aktuell eine talentierte, in der Stadt hoch populäre Elf bei Hertha. Der Verein, der gern so sexy wie Berlin wäre, hat jetzt zumindest ein sexy Team.

Nach langem Irren scheint Hertha in dieser Hinsicht eine Erkenntnis gekommen zu sein: dass das beste Marketing der Fußball selbst liefert. Etwas unfreiwillig komisch wirkte es, wie Manager Preetz jüngst auf der Mitgliederversammlung berichtete, es gebe eine neue Ausrichtung: Das Zuschauerproblem mit offensivem Fußball zu lösen. Diese „neue Ausrichtung“ hat das Zuschauerproblem tatsächlich effektiver verbessert als jedes Plakat und jeder Tweet in den Jahren zuvor. Während Hertha in den vergangenen Spielzeiten 45.000 beziehungsweise 46.000 Zuschauer im Schnitt verzeichnete, sind es in dieser Saison bislang 54.000 Besucherinnen und Besucher – so viel wie nie. Wozu also braucht man noch gleich das neue Stadion?

Der Zulauf ist das Ergebnis eines langjährigen Aufwärtstrends. In Anbetracht des jüngsten kleinen Einbruchs erinnerte Dárdai aber mahnend die Ästheten: „Du musst nicht immer Fußball spielen, du musst gewinnen.“ Das bestmögliche Ergebnis, die Euro-League-Plätze, dürfte sowieso mehr oder minder dasselbe sein. Alina Schwermer