Esther Slevogt
betrachtet das Treiben
auf Berlins Bühnen
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Was ist die Gründung einer moralischen Anstalt gegen die Gründung einer Badeanstalt?“ möchte man in diesen Tagen (frei nach Bertolt Brecht) fragen und sich ins nächstgelegene Freibad verziehen. Wobei ja Bert Brecht zum Wasser ein eher distanziertes Verhältnis gehabt haben soll. Anyway. In der Badeanstalt gibt’s auch jede Menge Theater zu betrachten: kleine Lovestorys auf ausgebreiteten Frotteetüchern, große Dramen vor satt gefüllten Kühlboxen, Monologe, kleine Performances am Beckenrand, tragische kleine Pantomimen vor dem Spiegel am Föhn neben den Schließfächern and what not. Wenn’s statt der Badeanstalt doch eine moralische Anstalt sein soll, wird es in den Theaterferien schwer. Trotzdem haben wir die Spielpläne gründlich ausgequetscht um auch in diesen Dürrezeiten ein paar Vorschläge machen zu können. Ganz oben auf der Liste: das berühmte internationale Festival „Tanz im August“, das in diesem Jahr zum 30. Mal stattfindet! Es beginnt am 10. August im Haus der Berliner Festspiele mit dem Abend „Trois Grandes Fugues“(„Drei große Fugen“). Der Choreografie zugrunde liegt de „Große Fuge“ von Ludwig van Beethoven, 1826 für Streichquartett komponiert und ein erstaunliches, fast schon atonales Stück, das in seinen Dissonanzen manchmal die musikalische Moderne à la Schönberg schon vorwegzunehmen scheint. Gleich drei bedeutende Vertreterinnen des zeitgenössischen Tanzes haben dieses Stück nun tänzerisch interpretiert und ihre Interpretationen zu einem Abend zusammengefügt: Lucinda Childs, Maguy Marin und Anne Teresa Keersmaeker (Haus der Berliner Festspiele: „Trois Grandes Fuges“, 11.+ 12. 8., 19 Uhr). Anschließend zeigen die Performer*innen des Kollektivs „The Agency“ in der Unterbühne des Hauses einen Abend über Körperkult, Selbstoptimierung und das Politische in aller Bewegung „Medusa Bionic Rise“(Haus der Berliner Festspiele: „Medusa Bionic Rise“, 10.–12. 8, jeweils 21 Uhr).

Interessant auch die Choreografie der in Paris lebenden und arbeitenden polnischen Choreografin Ola Maciejewska „BOMBYX MORI“, die die Tanzavantgardistin der Jahre um 1900 Loie Fuller mit aktuellen Radikal-Verhüllungen weiblicher Körper zusammendenkt (HAU 2: „BOMBYX MORI“, 11. 8., 17 Uhr, 12. 8., 19 Uhr).

Ein weiteres Highlight der ersten Festivalwoche könnte auch das Stück „Pasionaria“der Truppe „La Veronal“ um den spanischen Choreografen Marcos Morau sein, der am 11. + 12. 8. Im HAU 1 eine Art posthumane Passionsgeschichte verspricht (Alle Infos: www.theater­imaugust.de).