Das gibt Macron erst recht freie Hand

Frankreich Kurz vor Bekanntgabe der neuen Regierung treten die Minister des Partners Modem zurück

Exminister Richard Ferrand im Élysée-Palast Foto: Charles Platiau/reuters

AUS PARIS Rudolf Balmer

Noch vor der Regierungsumbildung haben vier wichtige Minister ihren Rücktritt eingereicht. Mit Justizminister François Bayrou, Verteidigungsministerin Sylvie Goulard und Marielle de Sarnez handelt es sich dabei um die Führungsspitze des Koalitionspartners Modem (Mouvement démocrate) sowie den Exsozialisten Richard Ferrand. Durch die Demission der Modem-Minister wird das Gleichgewicht in der Regierungskoalition infrage gestellt.

Im Nachhinein erweist sich Emmanuel Macrons erstes Ministerkabinett als politischer Fehlstart. Der Präsident ist bereits mit seiner ersten Regierungskrise konfrontiert. Nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl hatte die Interimsregierung von Premierminister Edouard Philippe traditionsgemäß den Rücktritt eingereicht.

In der Zwischenzeit aber wurden mehrere der wichtigsten Regierungsmitglieder von ihrer Vergangenheit eingeholt. Das betrifft den Exminister für territoriale Kohäsion, Richard Ferrand, der in seinem bretonischen Wahlkreis trotz Ermittlungen wegen Begünstigung seiner Partnerin bei Immobiliengeschäften als Abgeordneter bestätigt worden ist. Ferrand hat seinen Rücktritt als Minister angekündigt, um in Zukunft Fraktionschef der Bewegung „La République en Marche“ (REM) zu werden.

Der Rücktritt der drei Modem-Minister steht in Zusammenhang mit der Untersuchung der Beschäftigung von parlamentarischen Assistenten, die tatsächlich aber für die Partei gearbeitet haben sollen. Für Bayrou, der selbst nicht belastet ist, wird die Lage dadurch kompliziert, da er Gründer und Parteichef von Modem ist und zugleich als Justizminister Einfluss auf die Prozeduren nehmen könnte. Besonders heikel wurde seine Position, weil Bayrou mit einer Gesetzesvorlage für die von Macron versprochene „Moralisierung der Politik“ zuständig war. In diesem Gesetz soll en die Transparenz verbessert, die Beschäftigung von Familienangehörigen durch Parlamentarier untersagt und das Risiko von Interessenkonflikten reduziert werden. Bisher galt, dass ein Minister zurücktritt, wenn ein Strafverfahren wegen mutmaßlicher Delikte eingeleitet wird. Jetzt reicht offenbar schon der bloße Verdacht aus.

Bisher galt, dass ein Minister zurücktritt, wenn ein Strafverfahren eingeleitet wird

Marielle de Sarnez, Bayrous rechte Hand seit vielen Jahren, wird verdächtigt, wie andere Modem-Mitglieder von ihr beschäftigte parlamentarische Assistenten der Partei zur Verfügung gestellt zu haben. Der Name der Verteidigungsministerin Sylvie Goulard fiel auch im Zusammenhang mit dieser Affäre. Sie trat laut eigener Darstellung zurück, um sich ungehindert gegen unbegründete Anschuldigungen verteidigen zu können.

Das Ausscheiden der Modem-Leute kann es Macron erlauben, zusätzlich bisherige Konservative oder Sozialisten in die Regierung zu holen und so einerseits die Koalition zu erweitern und die Spaltung in diesen beiden Parteien zu verstärken.