Begegnung außer Kontrolle

Silvesternacht Zwei Jahre auf Bewährung wegen sexueller Nötigung

„Es ist nicht der Silvesterfall, auf den die Presse gewartet hat – es gibt hier keine Gewinner, sondern nur Verlierer“, sagte die Vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring bei der Urteilsverkündung im Landgericht. Zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilte sie den 19-Jährigen Angeklagten aus Afghanistan – wegen sexueller Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung einer 19-Jährigen am Neujahrsmorgen 2016. Gleichzeitig hob die Richterin aber den Haftbefehl gegen ihn nach sechs Monaten Untersuchungshaft auf.

„Wir hoffen, dass Sie dazu gelernt haben, niemals wieder gegen deren Willen an einer Frau sexuelle Handlungen vorzunehmen“, sagte Meier-Göring. Für die Richterin gehörte aber auch der Rechtsstaat zu den Verlierern dieses Prozesses, denn das Geschehen jener Silvesternacht konnte nur sehr bruchstückhaft aufgeklärt werden.

Fest steht, dass die 19-Jährige mit Freuden im „Mash Up“ in der Großen Freiheit auf St. Pauli bis morgens gefeiert hatte. Wahrscheinlich sei, stellte ein Gutachter fest, dass ihr dort K.o.-Tropfen verabreicht worden seien. Wann sie auf den Angeklagten und seine beiden Begleiter gestoßen ist, bleibt unklar.

Sicher ist, dass die Gruppe gegen sieben Uhr gemeinsam, teils Arm in Arm von der Reeperbahn nach Stellingen gefahren ist. Das zeigt ein S-Bahn-Überwachungsvideo. „Die Geschädigte hatte beim Verlassen des Bahnhofs Ausfälle, sodass sie beim Gehen gestützt werden musste“, sagte die Richterin.

Gegen acht Uhr seien die vier von den Betreibern des Restaurants „Metropolis“ an der Kieler Straße gesehen worden, als es Streit gegeben habe. Bevor jedoch die Polizei eingetroffen sei, seien das Opfer und der Angeklagte durch einen Hinterhof weggelaufen.

Das Gericht bezweifelt dennoch, dass es später zu einvernehmlichen Sex gekommen ist, wie von dem Angeklagten beteuert wurde. Er gab an, mit der Frau geknutscht und dabei masturbiert zu haben, was die Sperma Spuren am Opfer erklären soll. Die Richterin überzeugte das nicht: „Sie wussten, dass die Frau keine sexuellen Handlungen dulden wollte“, sagte die Meier-Göring.

Der 19-Jährige habe die Frau, die sich heftig gewehrt haben soll, mit Gewalt zu Boden gedrückt, was Bissspuren und Hämatome belegten, sagte die Richterin und stellte fest: „Sie sind für einen Moment ihren sexuellen Neigungen nachgekommen, obwohl sie kein Mann sind, der Frauen als minderwertig ansieht.“ Kai von Appen