heute in Bremen
: „Sie reden mit niemandem“

PRÄVENTION „Ambulante Versorgungsbrücken“ und Polizei informieren über Senioren-Abzocker

Elsbeth Rütten

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68, ist Vorsitzende und Geschäftsführerin des Vereins „Ambulante Versorgungsbrücken“.

taz: Frau Rütten, Ihre Veranstaltung findet in einem Seniorenheim statt – sind die Menschen dort nicht geschützt vor Betrügereien?

Elsbeth Rütten: Der Termin richtet sich insgesamt an alte Menschen und an ihre Angehörigen. Aber: Auch jene, die im Altenheim leben, haben ja eigene Telefone und zunehmend auch Internet. Es geht ja auch um Dinge wie den Enkeltrick oder angebliche Erbschaften, die per Telefon oder Mail angekündigt werden.

Wie erklären Sie sich, dass so viele alte Menschen auf Tricks hereinfallen, die doch seit Jahren bekannt sind?

Der Enkeltrick funktioniert bei Menschen, die viel allein sind und ihre Enkelkinder sehr lange nicht gesehen haben. Die freuen sich und wittern nichts Böses. Und das wiederum liegt oft daran, dass viele alte Menschen sich für immun halten gegen solche Sachen.

Weil sie meinen, aufgrund ihrer Lebenserfahrung seien sie in der Lage, einen Betrug zu erkennen?

Es ist eine Mischung aus Einsamkeit, Arglosigkeit und Selbstsicherheit. Man muss aber auch sagen, dass die Betrugs-Methoden ausgefeilter werden . Plötzlich ist es nicht mehr der vermeintliche Enkel, der anruft, sondern der angebliche Wasserwerker, der vor der Tür steht.

Sie sagen, ein Aspekt sei Einsamkeit – werden alte Menschen von ihren Angehörigen im Stich gelassen?

Nein. Kinder kümmern sich sehr wohl um ihre alten Eltern, aber sie wohnen heute oft weiter weg von ihnen oder haben nicht mehr, so wie früher, viele Geschwister, die sich gemeinsam kümmern können. Vielleicht ist aber manchmal der Umgang miteinander nicht richtig, von beiden Seiten aus.

Inwiefern?

Das Thema Betrug ist bei den alten Menschen extrem schambesetzt: Sie reden mit niemandem darüber, weder mit Freunden noch mit ihren Kindern noch mit der Polizei. Selbst auf Nachfrage wird oft gesagt, es sei alles in bester Ordnung – obwohl der alte Mensch da schon längst pleite ist.

Und die Angehörigen?

Die sollten nicht sofort schimpfen, wenn Muttern sich übers Ohr hat hauen lassen, sondern in Ruhe versuchen, ihr zu erklären, was sie in Zukunft besser machen kann.

Interview: SCHN

15 Uhr, „Schöne Flora“, Hermine-Berthold-Str. 30, Anmeldung unter Tel.: 6964200