Mehr Schläge, mehr Geld

Kampagne Autonome Frauenhäuser protestieren bundesweit gegen eine unsichere Finanzierung und fehlende Anerkennung. Bremen in der Kritik

Sinnvoll sei eine einheitliche Finanzierung unabhängig vom Einzelfall, sagt Karin Schmidt

Die autonomen Frauenhäuser protestierten gestern auch in Bremen gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende Finanzierung und den Mangel an Kapazitäten.

Die ersten autonomen Frauenhäuser wurden dank der Frauenbewegung vor vierzig Jahren gegründet. „Leider hat sich seitdem an der Anerkennung und der Finanzierung nichts wesentlich geändert“, kritisiert Karin Schmidt vom Bremer Frauenhaus.

Die Finanzierung der Frauenhäuser ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Bremen zahlt Tagessätze, also eine Pauschale pro Tag, die sich nach der Anzahl der Frauen in den Frauenhäusern richtet: Je voller das Frauenhaus, desto mehr Geld gibt es. Diese Regelung wird von der Kampagne stark kritisiert. Die einzelfallabhängige Finanzierung über Tagessätze gelte nur für die Frauen, die einen Anspruch auf Sozialhilfe hätten, sagt Schmidt. „Das hat den großen Nachteil, dass die Frauenhäuser bei allen anderen Schutzsuchenden auf den Kosten sitzen bleiben.“ Misshandelte und geschlagene Frauen sollten nicht selbst für ihren Schutzraum bezahlen müssen, fordert Schmidt.

Deshalb führte Bremen vor zwei Jahren einen Sockelbetrag ein. Er soll Frauen, die keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, ermöglichen, ins Frauenhaus zu gehen. Doch der Betrag sei „viel zu niedrig“ und schnell aufgebraucht, so Schmidt.

Die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe ist empört über das Bremer Modell: „Je mehr geschlagen wird, desto mehr Geld gibt es – das ist doch zynisch.“ Sinnvoll sei eine bundeseinheitliche und einzelfallunabhängige Finanzierung, so Schmidt. Eine institutionelle Förderung hätte auch den Vorteil, dass die Frauen anonym bleiben: „Wenn sie zu uns kommen, ist ihre Entscheidung sofort öffentlich, da wir sie anmelden und sie als Erstes zum Sozialamt schicken müssen“, sagt Schmidt. „Die Frauen haben keine Chance, ­erst mal zur Ruhe zu kommen“.

Hinzu komme der große bürokratische Aufwand. „Wir müssen Rechnungen schreiben, die Kosten müssen bewilligt werden – ein riesiger Finanzierungsapparat zu unserem und zum Nachteil der Frauen.“ Am kompliziertesten sei es für jene Frauen, die in andere Orte oder Bundesländer fliehen müssten, so Schmidt. Dann trage die Kommune die Kosten, aus der die Frauen kommen. Laut Schmidt wäre eine Verteilung abhängig von der EinwohnerInnenzahl ideal: pro 7.500 EinwohnerInnen solle mit einem Frauenhausplatz gerechnet werden. Leandra Hanke