Kommentar: Jean-Philipp Baeck über politische Verfolgung in Mazedonien
: Der Balkan ist für Roma nicht sicher

Wie sicher kann ein Staat sein, dessen Exekutive jahrelang selbst peinigte?

Es ist politisch brisant: Da wurde einer Romni aus Mazedonien durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg der Flüchtlingsstatus zuerkannt und festgestellt, dass sie politisch verfolgt wurde – durch den mazedonischen Staat, seine Exekutive, die Polizei. Der Fall zeigt, wie absurd die Idee ist, Mazedonien oder irgendeinen anderen Staat pauschal als „sicher“ zu deklarieren.

Alle sollten wissen: Für Roma, die in Serbien, dem Kosovo oder Mazedonien in informellen Siedlungen leben müssen, keine Jobs bekommen, von der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen und Angriffen durch die Bevölkerung oder die Polizei ausgesetzt sind, ist keines dieser Länder „sicher“. Mazedonien steckt in einer tiefen innenpolitischen Krise, die EU-Kommission wirft der Regierung Korruption und Wahlbetrug vor. Das Land steht kurz vor einem Bürgerkrieg.

Juristisch wurde nun in Oldenburg ein Einzelfall beurteilt – der einer Frau, die staatliche Menschenrechtsverletzungen gegen Roma dokumentierte und damit die Polizei gegen sich aufbrachte. Politisch aber ist es eine Bombe: Denn wie kann ein Staat sicher sein, der Menschen über Jahre nicht vor Verfolgung schützt, sondern selbst peinigt?

Der Unterschied zu den vielen anderen schutzsuchenden Roma ist zufällig: Im vorliegenden Fall hatte die Frau einen fähigen Anwalt und die Ausdauer, ihren Asylantrag gerichtlich durchzukämpfen. Vor allem aber konnte sie belegen, was ihr widerfahren ist. In Mazedonien ist dies die absolute Ausnahme. Menschenrechtsorganisationen kennen das Problem: Es gibt kaum Anzeigen und dokumentierte Fälle von der Gewalt gegen Roma, weil diese die Polizei ja gerade fürchten müssen. Auch die EU formulierte entsprechende Bedenken in ihrem letzten Fortschrittsbericht über Mazedonien.

Ohnehin: Wenn man will, findet man viele Belege für die Diskriminierung der Roma. Doch Deutschland will nicht. Das sinnlose Instrument der „sicheren Herkunftsstaaten“ soll Ressentiments der Bevölkerung bedienen. Roma dienen nach wie vor als Sündenböcke.