Kommentar Billigauto Tata: Billigautos kosten einen hohen Preis

Es liegt nahe, das indische Billigauto zu kritisieren. Doch niemand kann die Schwellenländer daran hindern, unsere Fehler zu wiederholen. Wir sollten lieber mit gutem Beispiel voran gehen.

Es gibt gute Gründe, es kritisch zu sehen, dass die indische Firma Tata jetzt ein neues Billigauto vom Band rollen lässt. Wie soll das Klima noch gerettet werden, wenn ein Niedrigpreis von weniger als 2.000 Euro jetzt auch in Schwellenländern den massenhaften Erwerb eines Autos ermöglicht? Damit würden alle CO2-Einsparungen an anderer Stelle aufgewogen. Und ist das Auto für Indien - angesichts des jetzt schon chaotischen Verkehrs in den Mega-Citys - überhaupt die richtige Lösung?

Doch solche Kritik ist unangemessen, solange die Industriestaaten selbst unverdrossen den automobilen Weg weitergehen. Immerhin liegt der CO2-Ausstoß des indischen "Volksautos" deutlich unter dem eines Durchschnitts-VW. Man kann bedauern, dass das Auto weltweit als Statussymbol und Inbegriff von Freiheit und Mobilität gilt, aber die Inder haben zweifellos das Recht, unsere Fehler zu wiederholen.

Wenn sich die Versprechungen von Tata erfüllen, wird das neue Billigauto sicher ein Erfolg. Auch die Konkurrenz arbeitet schon an preiswerten Modellen für Schwellenländer. Vielleicht setzen Ölknappheit oder Verkehrsinfarkt dieser Entwicklung eines Tages Grenzen.

Wenn man darauf nicht warten will, lässt sich der Weg in die Klimakatastrophe nur auf eine Weise stoppen: indem die Industriestaaten dem Rest der Welt ein besseres Vorbild geben. Neben einer Politik, die endlich die gesamten gesellschaftlichen Kosten des Autoverkehrs in Rechnung stellt, würde dazu auch der massive Ausbau des öffentliches Verkehrssystems gehören.

Die reichen Staaten müssen zeigen, dass Mobilität ohne eigenes Auto funktionieren kann - und dass dies nicht nur umweltfreundlich und preiswert, sondern auch bequem sein kann. Erst dann besteht die Chance, dass der Rest der Welt nachzieht. Für diesen Umstieg ist es höchste Zeit. Je schneller er erfolgt, desto weniger Zeit bleibt anderen, unserem falschen Weg zu folgen.

MALTE KREUTZFELDT

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.