Indiens neue Regierung: Manmohan Singh in Delhi inthronisiert

Trotz des Ausstiegs eines Koalitionspartners in letzter Minute sieht Singhs neue Regierung erstaunlich stabil aus.

Manmohan Singh (R) bei seiner Vereidigung als Premierminister. Links neben ihm steht Präsidentin Pratibha Patil. Bild: dpa

DELHI taz | Indiens Nachrichtensender haben den ganzen Freitag live vom Präsidentenpalast in Delhi berichtet. Jedes Mal, wenn ein Spitzenpolitiker vorfuhr, stürzten sich Kameraleute auf ihn. Ein Sender blendete dazu immer wieder eine Fotomontage des alten und neuen Premiers Manmohan Singh auf einem roten Thron mit der Titel "Manmohans Königshof" ein. Tatsächlich hatte die Vereidigung des wiedergewählten Singh und eines Teils seines Kabinetts durch Präsidentin Pratibha Patil den Charakter einer Inthronisierung. Denn Singh ist Indiens erster Politiker seit dem erstem Premier Jawaharlal Nehru, der nicht nur als Regierungschef fünf Jahre lang durchregierte, sondern auch von den Wählern im Amt bestätigt wurde.

Dabei glaubte vor fünf Jahren kaum jemand, dass die Regierung lange überleben würde, als Singh erstmals Premier wurde und einer instabilen Minderheitsregierung vorstand. Nur wenige trauten dem ruhigen, fast schon schüchternen Politiker mit dem hellblauen Turban zu, dass er in Indiens krisenanfälligem Politikgeschäft lange die Oberhand behalten würde. Er strafte sie alle Lügen: Nicht nur hielt er die Regierung fünf Jahre zusammen. Insider berichteten später, mit wie viel Verhandlungsgeschick Singh seine Regierung selbst dann noch über Wasser hielt, als ihm vergangenes Jahr seine kommunistischen Unterstützer den Rücken kehrten und ein Misstrauensvotum gegen ihn einleiteten.

Daher dürften die Wirren der Regierungsbildung, die sich jetzt in letzter Minute ergaben, die Regierung kaum in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Erst am Donnerstag war die tamilische Regionalpartei DMK mit ihren 18 Abgeordneten noch aus der angestrebten Koalition ausgestiegen. Es habe "Meinungsverschiedenheiten" bei der Vergabe von Ministerposten gegeben, hieß es dazu aus dem Büro des Premiers.

DMK-Chef Karunanidhi erklärte jedoch zugleich, er werde die Regierung "von außen" unterstützen. Auch standen in der vergangenen Woche die Führer etlicher kleiner Parteien in Delhi Schlange, um der Regierung ihre Unterstützung zu versichern. Singhs Regierung verfügt damit über 50 Sitze mehr als die 272 Abgeordneten, die für eine einfache Mehrheit nötig sind.

Am Freitagabend vereidigte Präsidentin Patil neben Singh erst nur 19 Minister. Ein Dutzend weitere sowie untergeordnete Staatsminister sollen am Dienstag folgen, einige andere noch später. Im Wesentlichen bleibt beim Kabinett alles beim Alten. Das auffälligste neue Kabinettsmitglied ist die bengalische Linksaktivistin Mamata Bannerjee, die vergangenes Jahr durch Proteste gegen das geplante Werk für das Billigauto Tata Nano im westbengalischen Siligur Furore machte. Sie soll als Bahnministerin den biharischen Regionalfürsten Lalu Prasad Yadav ablösen, der sich im Vorfeld der Wahlen mit der Kongresspartei verstritten hatte. Am Dienstag soll auch Faruk Abdullah als Minister vereidigt werden, der Vorsitzende der kaschmirischen "National Conference". Der 72-Jährige, der mehrfach Ministerpräsident des Bundesstaats Jammu und Kaschmir war, könnte dazu beitragen, den nach wie vor schwelenden Kaschmirkonflikt beizulegen.

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