Streit um dänische Karikaturen geht weiter: Mohammed forever
Dänemark protestiert gegen die Ausweisung der freien "Jyllands-Posten"-Korrespondentin Puk Damsgård Andersen aus Pakistan. Grund für den Streit: die Mohammed-Karikaturen.
STOCKHOLM taz | Sie scheinen das Zeug zu einer unendlichen Geschichte zu haben: die Mohammed-Karikaturen. Vor beinahe fünf Jahren sind sie erschienen, am 30. September 2005 in der dänischen Jyllands-Posten. Und noch immer sorgen sie für Aufregung. Nach einem Attentatsversuch sowie ständig neuen Morddrohungen gegen Kurt Westergaard, einen ihrer Zeichner, dienten sie nun Pakistan als Begründung, die dort stationierte Korrespondentin der Jyllands-Posten, zur "unerwünschten Person" zu erklären.
Puk Damsgård Andersen habe Kopien dieser Karikaturen verbreitet, behauptet die pakistanische Zeitung The Nation und beruft sich auf Quellen aus dem Innen- und dem Informationsministerium. Sie habe sich außerdem "fragwürdiger und dunkler Machenschaften" schuldig gemacht. Die Sicherheitsbehörden hätten sie seit längerer Zeit beobachtet und ihr dringend nahe gelegt, das Land zu verlassen. Zu ihrer eigenen Sicherheit und weil sie ansonsten Gefahr laufe von "extremen Elementen attackiert zu werden".
Jyllands-Posten-Chefredakteur Jørn Mikkelsen sieht darin "einen Anschlag auf die freie Berichterstattung": Das sei "natürlich inakzeptabel", nicht zuletzt, weil die Korrespondentin "sehr fair und ausgewogen" aus Pakistan berichtet habe. Kopenhagen reagierte auch umgehend und zitierte Fauzia Abbas, die pakistanische Botschafterin in Dänemark, am Dienstag ins Außenministerium. Man habe ihr, so Außenamtssprecher Poul Kjar, den dänischen Standpunkt über die "unzureichenden Arbeitsbedingungen für Journalisten" in Pakistan erläutert. "Für uns ist das eine sehr ernste Angelegenheit", erklärte Außenministerin Lene Espersen.
Andersen war am Mittwoch auf dem Weg nach Dänemark und wird in Jyllands-PostenJyllands-Posten auch für das öffentlich-rechtliche Danmarks Radio und die Tageszeitung Kristeligt Dagblad. Im vergangenen Jahr hat sie das Buch "De renes land" ("Land der Reinen") mit Porträts " starker pakistanischer Frauen" über deren "Kampf, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können" (Klappentext), veröffentlicht - Untertitel: "Liebesgeschichten aus dem gefährlichsten Staat der Welt". zitiert, sie könne nicht in Pakistan bleiben, wenn sie dort unerwünscht sei, "ich hoffe aber, es gibt eine Lösung". Die 32-Jährige arbeitete seit fünf Jahren freiberuflich in Islamabad - außer für
Pakistan lieferte ihr Buch offenbar einen weiteren Grund zum Misstrauen. "Unter dem Deckmantel, für die Sache der Frauen zu kämpfen", habe sie "geheime Aktivitäten" entfaltet, behauptet The Nation.
Ein Einzelfall seien die Probleme von Puk Damsgård Andersen in Pakistan nicht, beklagt sich Thomas Falbe, Auslandsredakteur in der Nachrichtenredaktion von Danmarks Radio. Man habe die Erfahrung machen müssen, dass dieses Land dänische JournalistInnen ganz systematisch schikaniere und ihnen die Arbeit erschwere: "Das ist offenbar eine Rache für die Mohammed-Karikaturen."
"Diese Affäre wird nie sterben", meint Abdel Sattar Kassem, Politikwissenschaftler an der palästinensischen Al-Kuds-Universität in Jerusalem in der Kopenhagener Berlingske Tidende: "Die Sache ist ganz einfach allgegenwärtig. Für viele Muslime sind die Karikaturen der ultimative Beweis für den Hass der westlichen Welt auf sie."
Leser*innenkommentare
besorgt und unheimlich wütend
Gast
@nicolaus schrieb
Es gilt in Europa der Ausbreitung des faschistischen Islamismus entgegenzutreten, nicht in der absurden Rolle der "Ungläubigen" und Kreuzritter auf islamischem Boden einen sinnlosen Kampf zu kämpfen.
Genau darum geht es letztendlich. Es geht um die Freiheit und Sicherheit unserer Kinder und deren Kindes Kinder. Ich empfehle jedem verantwortungsvollen Menschen ob jung oder alt eingehende Recherchen zu diesem unerfreulichen Thema mit all seinen gerade auch gesellschaftlichen Verästelungen, zukunftsweisenden Ambitionen und Verselbstständigungen.
Moritz
Gast
Ich bin mir sicher die Karikaturisten wussten, dass sie mit dem Feuer spielen. Nach der ersten Veröffentlichung in den dänischen Zeitungen gab es noch keinen Aufschrei der Islamisten. Daraufhin wurden die Karikaturen an islamische Verbände in Dänemark verschickt. Wie doof muss man eigentlich seien?
Marti
Gast
Nicht "Hass der westlichen Welt auf sie", sondern Widerstand gegen eine unmenschliche Weltanschauung, in der der Mensch zu einem unmündigen Befehlsempfänger nicht hinterfragbarer Anweisungen eines jeden Lebensbereich durchdringenden Gottes wird.
jan
Gast
Werte Moderation, wieso wird mein Kommentar zurückgehalten? Weil Ihr redaktionsintern manchmal den Machtwillen zur zivilisatorischen Rückständigkeit unter dem Vorwand religiöser Freiheit als ehrenwerten eigenständigen Kulturstandard definiert, der sogar über die sonst hochgehaltene Gleichberechtigung und Toleranz gestellt wird? Über eine klärende Antwort würde ich mich freuen.
freundliche Grüße
M. Albert
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marco
Gast
Ich kann wirklich nicht verstehen, warum sich da so aufgeregt wird.
Ich dachte immer, der Islam sei so gefestigt und stünde über solchem Firlefanz, wie den Karikaturen. Ich bin dieses ständige Rumgeflenne ja so leid!
slovo
Gast
Wem ist gedient, wenn er/sie in Pakistan Mohammedkarikaturen verbreitet?
Will man hiermit beweisen, dass die Pakistanis, stellvertretend für die islamische Welt, es nicht wert sind, an westlichen Werten wie der nun von ihnen eingeforderten Pressefreiheit teilzuhaben und somit ausgegrenzt und ideologisch bekämpft gehören?
In einem Kontext in der die islamische Welt beobachten musste, wie ihre Glaubensbrüder im Irak und in Afghanistan hunderttausendfach ermordet wurden und noch immer werden, für nichts anderes als vorgeschobene pseudodemokratische, eigentlich aber monetarische und machtpolitische Ambitionen der Westlichen Welt, muss man sich hinterfragen, ob es legitim ist, für derartige Provokationen wie Mohammed-Karikaturen bedingungsloses Verständnis zu verlangen.
Gewalt und Mord darf definitiv nicht die Antwort sein, die man darauf gibt, aber ebenso unsinnig ist es, diese Karikaturen derart zu überhöhen um damit genau solche reaktionen von radikalen Muslimenkreisen zu provozieren.
Wem so viel an der Pressefreiheit liegt, der sollte die Grundideen dieser promoten und nicht Hass und Unverständnis damit zu verbreiten suchen.
Peter
Gast
Über Christen macht man sich in Europa doch dauernd lustig, die Muslime sollten sich nicht so aufregen.
Oberhart^
Gast
"Diese Affäre wird nie sterben", meint Abdel Sattar Kassem, Politikwissenschaftler an der palästinensischen Al-Kuds-Universität in Jerusalem in der Kopenhagener Berlingske Tidende: "Die Sache ist ganz einfach allgegenwärtig. Für viele Muslime sind die Karikaturen der ultimative Beweis für den Hass der westlichen Welt auf sie."
Und für mich sind die Karikaturen der ultimative Beweis, dass viele Muslime noch einen weiten Weg bis zur Aufklärung vor sich haben.
Und dass - eben wegen dieser Spinner - der Islam völlig zurecht unter kritischer Beobachtung ist.
nicolaus
Gast
Jyllands-Posten-Chefredakteur Jørn Mikkelsen sieht darin "einen Anschlag auf die freie Berichterstattung" - das ist ja schon fast rührend: als ob es in irgendeinem islamischen Land "freie Berichterstattung" gibt. Respekt für die Journalistin - es ist todesmutig, sich nach Pakistan zu begeben als Redakteurin des dänischen Blattes. Aber sie sollte zurückkehren, so wie unsere Soldaten aus Afghanistan - Schluss mit dem humanitären Imperialismus ! Es gilt in Europa der Ausbreitung des faschistischen Islamismus entgegenzutreten, nicht in der absurden Rolle der "Ungläubigen" und Kreuzritter auf islamischen Boden einen sinnlosen Kampf zu kämpfen.