: Mitreden, obwohl ich keine Ahnung habe
Zehn schlaue Sätze zu Leipzig, wo die Landschaften blühen
„Leipzig ist die wirtschaftsstärkste Stadt Ostdeutschlands.“ (Es geht voran! Laut einem aktuellen Städteranking gehört Leipzig neuerdings zu den Städten mit den besten Wirtschaftsaussichten. Doch wie das immer so ist mit den Studien: Erst im letzten Jahr wurde Leipzig zur deutschen Armutshauptstadt gekürt.)
„Drum merke dir, Sternburg-Bier“ (An die Plörre aus dem Leipziger Osten erinnert man sich nicht wegen ihres Geschmacks. Sondern weil sie – egal wie viel man davon trinkt – immer gleich viel Kopfschmerz verursacht. Dafür ist es urdemokratisch, Sterni säuft sowohl das echte Prekariat als auch die Darsteller des Schauspielhauses oder der Off-Theater, die sich dafür halten.)
„Leipzig ist das neue Berlin.“ (Nuschelt sich die vom -> Sterni trunkene Kulturbourgeoisie gern ins Ohr, wenn mal wieder in einem ehemaligen Schreibmaschinenladen ein neuer Club aufmacht. Wie Berlin vorm Schwabensturm sei das hier, schwärmen die Enthusiasten. Bevor sie nach Berlin ziehen.
„Lieber L.E. als L.A.“ („31 Places to Go“ heißt die Liste, mit der die New York Times jährlich die Orte der Welt kürt, wo „man unbedingt gewesen sein muss“. Und da kommt -> das neue Berlin vor Los Angeles.)
„Heldenstadt Leipzig“ (Selbstbezeichnung, mit der die Leipziger sich die Verantwortung für den Mauerfall quasi allein zuschreiben. Ausdruck dieser Massenpsychose sind auch Slogans wie „Leipziger Freiheit“.)
„Mein Leipzig lob ich mir! / Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute.“ (Würg-Satz von Goethe, der einem von Urleipzigern und solchen, die es gerne wären, an jeder Ecke reingedrückt wird. Wird wie das -> neue Berlin und -> Heldenstadt als Wortpflaster auf eine alte Wunde geklebt – den Minderwertigkeitskomplex gegenüber „der Hauptstadt“.)
„Das Beste an Halle ist Leipzig.“ (Stimmt.)
„Erfolg im Fußball ist planbar.“ (Stimmt nicht so ganz. Red Bull hat Millionen in den SSV Markranstädt gesteckt. Der heißt jetzt RB Leipzig und soll mit Hilfe von teuer eingekauften Spielern ruck, zuck die Bundesliga erobern. Doch Pustekuchen, der aufgeblasene Club aus der -> Heldenstadt steckt fest in der Regionalliga. Und besonders beliebt ist er bei den Leipzigern auch nicht.)
„Leipzig ist eine Hochburg des Widerstands gegen rechte Gewalt.“ (Da hat der ehemalige Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee schon recht. Obernazi Christian Worch hat verzweifelt aufgegeben. Es gibt breite Bündnisse gegen rechts. Aber leider ist die Region nicht nur eine Hochburg gegen, sondern auch für rechte Gewalt.)
„Dialekt ist vor 100 bis 150 Jahren weitgehend ausgestorben.“ (Nu halt mal deine Gusche, du Linguistikor und ningel nisch so rum. In Leipzsch lebt das Sächssch! Da darfste nisch nur Heeme rumhängen, musste och mal ausm Fenster illern, da schnallste das och.)
■ Martin Rank und Daniel Schulz haben beide in Leipzig so schön schreiben gelernt