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Archiv-Artikel

FELIX DACHSEL ÜBER DEN HENNRI-NANNEN-PREIS FÜR DIE „BILD“-ZEITUNG Der Preis ist falsch

Ein Preis schafft sich ab. Niemand kann der Bild-Zeitung vorwerfen, dass sie am Freitag die wichtigste Auszeichnung der Branche erhalten hat: den Henri-Nannen-Preis. Der Glaube an Journalistenpreise ist weit verbreitet.

Der Vorwurf geht an jenen Teil der Jury, der sich entschied, das Boulevardblatt für ihre Berichterstattung über Christian Wulff zu prämieren. Die Entscheidung ist falsch, ihre Urheber sind entweder feige oder unwissend. Oder aber sie haben sich zu einer Entscheidung hinreißen lassen, die rein politisch ist und sich nicht an Qualitätskriterien hält.

Peter Matthias Gaede, Chefredakteur beim Magazin Geo, hat das einzig Richtige getan: Er legt sein Jurymandat nieder.

In der Jury gab es zwei Ansichten. Die einen wollten berücksichtigen, dass Bild eine besondere Zeitung ist. Die anderen wollten die Beiträge isoliert betrachten.

Aber auch dann hätten die Juroren erkennen müssen, dass bei der Berichterstattung des Boulevardblattes keine außergewöhnliche Rechercheleistung vorlag. Die Information über den Hauskredit von Christian Wulff, mit der die Affäre um den Bundespräsidenten begann, erhielt Bild von Wulff selbst. Die Information über den fremdfinanzierten Sylt-Urlaub Wulffs, mit der die Affäre endete, hatte der NDR früher. Und was dazwischenlag, war mehr Hetze denn Recherche.

Drei Helden hatte der Abend. Jene Redakteure der Süddeutschen Zeitung, die eine Auszeichnung in der Kategorie „Investigation“ ablehnten – aus Protest gegen die Bild. Sie haben bewiesen, was vielen Journalisten im Umgang mit Deutschlands größtem Boulevardblatt fehlt: Courage. Ganz besonders mangelte es daran der Jury des Henri-Nannen-Preises, des ehemals wichtigsten Journalistenpreises des Landes.

Flimmern + Rauschen SEITE 18